Israels Treffer: Raketen oder Sauerstofftanks?

A Palestinian man walks past a Hamas government building destroyed after an Israeli air strike in Gaza
A Palestinian man walks past a Hamas government building destroyed after an Israeli air strike in Gaza(c) REUTERS (SUHAIB SALEM)
  • Drucken

Ein Video der israelischen Luftwaffe sorgt für Aufregung: Wurden unschuldige Zivilisten bombardiert? Viele der Einwohner im zentralen Teil Gazas haben derzeit 16 Stunden am Tag keinen Strom.

KAIRO. Der Gaza-Krieg ist auch ein Krieg der Bilder. Die Palästinenser zeigen verletzte Kinder in den überfüllen Krankenhäusern von Gaza. Die israelische Armee präsentiert von Drohnen aufgenommenes Videomaterial. Eine dieser vom Militär freigegebenen Luftaufnahmen zeigt eine von einer israelischen Aufklärungsdrohne gefilmte Szene vom 29. Dezember.

Zu sehen ist eine Gruppe von Menschen, die, wie die Israelis behaupten, sogenannte Grad-Raketen auf einen Kleinlaster lädt, die auf israelisches Territorium abgeschossen werden sollten. Kurz darauf, schlägt eine Luft-Boden-Rakete in den Lastwagen ein. Eine Version, die die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem jetzt in Zweifel zieht.

Sie ist dem Video nachgegangen. Deren Mitarbeiter in Gaza haben den Besitzer des Lastwagens, Ahmad Sanur, ausfindig gemacht. Sanur behauptet, dass er und seine Familie zu seiner Metallwerkstätte gefahren seien, um von dort Material zu retten. Die Familie sei gerade dabei gewesen, zum Schweißen verwendete Sauerstofftanks aufzuladen, als die israelische Rakete einschlug. Saunur behauptet keinerlei Beziehungen zu irgendwelchen militanten Gruppen zu unterhalten.

Die Menschenrechtler haben den zerstörten Lastwagen und die immer noch daneben liegenden Sauerstofftanks fotografiert. „Hätte es sich bei der Ladung um Raketen und Sprengstoff gehandelt, wäre es nach dem Einschlag der israelischen Rakete zu einer zweiten Explosion gekommen, die den Lastwagen wesentlich mehr zerstört hätte“, erklärte eine Sprecherin der israelischen NGO gegenüber dem arabischen Fernsehsender al-Jazeera. Bei dem Angriff waren acht Menschen getötet worden, darunter Sanurs Sohn, zwei weitere wurden schwer verletzt.

Unterdessen gab es zum Jahreswechsel in der arabischen Welt wenig zu feiern. Silvesterpartys abgesagt, hieß es vielerorts. Zahlreiche arabische Popikonen und Bauchtänzerinnen hatten ihre Konzerte storniert. Fernsehsender zeigten statt der geplanten lockeren Unterhaltung die Fernsehbilder aus dem Gazastreifen und schalteten zu dem Außenministertreffen der Arabischen Liga, das in der Neujahrsnacht weiterlief.

In Gaza geht der Strom aus

UNO-Beamten schlagen unterdessen Alarm: Das einzige Elektrizitätswerk im Gazastreifen hatte bereits am Dienstag aus Mangel an Diesel seine Turbinen abgeschaltet, erklärt der UN-Nothilfekoordinator John Holmes. Viele der 650.000 Einwohner im zentralen Teil Gazas hätten derzeit 16 Stunden am Tag keinen Strom.

Karen Abu Zayd, die Chefin des UNO-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge (Unwra) erklärte, dass die UN-Lebensmittellager in Gaza seit zwei Wochen wegen der Bombardements und der israelischen Wirtschaftsblockade nichts mehr ausgeliefert hätten. „Jeder, den wir kennen, teilt derzeit nicht nur mit seiner Familie, sondern auch mit den Nachbarn“, sagt sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

Israel stärkt nur die Geister, die es eigentlich loswerden will

Großer Verlierer im Gaza-Krieg ist das moderate arabische Lager – damit Israel.
Israelische Bodentruppen stehen an der Grenze zum Gazastreifen bereit
Außenpolitik

"Bereit für Schlacht": Israels Bodentruppen warten auf Marschbefehl

Die Luftangriffe der israelischen Armee auf den Gazastreifen gehen auch am Neujahrstag weiter. Nach Medienberichten bereitet die Armee auch eine Bodenoffensive vor.
Papst Benedikt XVI.
Außenpolitik

Papst: "Gewalt und Hass sind Formen der Armut"

Papst Benedikt XVI. beklagt am Weltfriedenstag die Kämpfe im Nahen Osten. Er bittet zu Neujahr um "globale Solidarität" für den Frieden.
New Articles

Israel muss ausländische Journalisten nach Gaza lassen

Oberstes Gericht gab Korrespondenten-Klage statt schränkte in seinem Urteil aber auf "Pool-Berichterstattung" ein. Nur Gruppen von bis zu zwölf Korrespondenten dürfen ab Mittwoch in die Krisenregion.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.