Kleine Bankerin mit großen Kontakten

Wer der Gründerin der kleinen Wiener Privatbank Medici sein Geld anvertraute, muss nun den Totalausfall befürchten.

Noch vor Kurzem war Sonja Kohn, Gründerin der Bank Medici, der breiten Öffentlichkeit unbekannt. Nun berichten das „Wall Street Journal“ und die „Financial Times“ über die Investmentbankerin und ihr Institut, das 15 Leute beschäftigt. Das hat Kohn dem mutmaßlichen Betrüger Bernard Madoff zu verdanken. Die gebürtige Wienerin wanderte in den 80er-Jahren in die USA aus. Seit damals ist der New Yorker Finanzjongleur für die Veranlagung der Medici-Fonds zuständig. Die Wiener Bank war in Europa eine der größten Vertriebsstellen von Madoff. Kohn hat das Risiko, alles auf eine Karte zu setzen, heruntergespielt. „Man muss aufpassen, dass die Kunden kein Geld verlieren“, erklärte sie in einem Interview. Deshalb seien die Fonds konservativ gestaltet.

Nun dürfte Kunden ein Schaden von über drei Milliarden Dollar entstanden sein. Kohn ist über ihre guten Kontakte zur Bank Austria, die mit 25 Prozent an Medici beteiligt ist, so groß geworden. Vor allem der frühere Bank-Austria-General Gerhard Randa soll sie geschätzt haben. Kohn fuhr mit den Exchefs der Wiener Börse nach Schanghai und Dubai und fädelte Kooperationen ein. 1999 erhielt sie das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Zu den Medici-Kunden gehören Privatkunden aus Israel, dem arabischen Raum, Südamerika und Russland. In einem Interview für „Voice of Russia“ wurde die Bankerin vergangenen Sommer als „Beraterin der Regierung“ vorgestellt. Kohn hat übrigens mit dem Florentiner Adelsgeschlecht nichts zu tun. Sie gab ihrer Bank einfach den Namen Medici („Ärzte“). höll

ZUR PERSON
Name: Sonja Kohn

Geboren am: 5. August 1948
[Guenther Peroutka / Wirtschaftsblatt / picturedesk.com]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2009)

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