Die Eigentümerin und Aufsichtsrats-Vorsitzende der Wiener Bank Medici soll laut "New York Times" aus Angst vor russischen Oligarchen untergetaucht sein. Bank Medici und FMA dementieren.
Wien (ag./ak). Ist Sonja Kohn, Eigentümerin und Aufsichtsratsvorsitzende der krisengeschüttelten Wiener Bank Medici, untergetaucht? Die „New York Times“ (NYT) berichtete gestern, Dienstag, unter Berufung auf Bekannte der Wienerin, dass sich Kohn verstecke – und zwar aus Angst vor russischen Oligarchen. Ein großer Teil jener 2,1 Mrd. Dollar (1,58 Mrd. Euro), welche die Bank Medici beim mutmaßlichen US-Betrüger Bernard Madoff verlor, soll nämlich aus Russland und der Ukraine gekommen sein.
In einer Aussendung dementiert das kleine Wiener Geldhaus, dass Russen oder Ukrainer bei ihr Fonds gekauft hätten. Die Bank, so heißt es weiter, habe ausschließlich institutionelle Kunden und mache keine Retailgeschäfte und Anschaffungen bei vermögenden Privatkunden. Kohn sei derzeit in Wien und arbeite „in enger Zusammenarbeit mit Bankverantwortlichen an einem Zukunftskonzept der Medici-Bank“.
Angst vor Vergeltung?
„Mit russischen Oligarchen als Kunden könnte sie einen Grund zum Fürchten haben“, zitierte die „NYT“ einen Wiener Banker, der Kohn und ihren Ehemann Erwin gekannt hat. Nachdem Madoff im Dezember festgenommen wurde, soll sich Kohn Sorgen über Vergeltungsmaßnahmen russischer Investoren gemacht haben.
Freunde hätten das Ehepaar Kohn seit Mitte Dezember nicht mehr gesehen. Ihr Mann soll bei einem Zusammentreffen mit einem Bankerkollegen nervös und völlig fertig gewirkt haben, schrieb die Zeitung weiter.
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) konnte indessen auch nicht bestätigen, dass Kohn untergetaucht sein soll. Die FMA schickte der Bank erst kürzlich zum Schutz von Gläubigergeldern mit Gerhard Altenberger einen Aufpasser, nachdem die Madoff-Verluste bekannt geworden waren. Die Behörde steht laut APA weiterhin direkt in Kontakt mit Kohn.
Kohn war mit Madoff befreundet
Sonja Kohn rückte in den Mittelpunkt der Medien, als der Betrug um den Wall-Street-Banker Madoff, mit dem Kohn seit den 80er-Jahren befreundet war, aufflog. Ihre Bank war eine der größten Vertriebsstellen von Madoff. Sie ließ bei ihm die Fonds „Herald USA Fund“ und „Herald Luxemburg Fund“ mit einem Volumen von 2,1 Mrd. Dollar verwalten. Der allerdings legte die Gelder nicht an, sondern verteilte sie immer weiter. Durch die aktuelle Finanzkrise flog der Betrug auf. Madoff soll seine Kunde, darunter auch viele Prominente, um insgesamt 50 Mrd. Dollar geprellt haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2009)