Wenn der Hamster Hände trocknet

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So mancher Händetrockner bläst ähnlich stark wie ein lungenkranker Goldhamster.

Sollten Sie nicht jener Spezies angehören, die Händewaschen nach der Toilette für massiv überbewertet hält, ist Ihnen die Problematik vermutlich nicht ganz unbekannt – so manche öffentliche Bedürfnisanstalt scheint darauf ausgelegt zu sein, den manuellen Selbstreinigungsvorgang mit möglichst viel Unannehmlichkeit zu verquicken. Das beginnt schon damit, dass der Wasserhahn so kurz ist, dass die Hände permanent mit dem Porzellan auf Tuchfühlung gehen müssen, um überhaupt einen Wasserstrahl zu erhaschen. Einen Strahl, der oft die gefühlte Temperatur eines kirgisischen Gebirgsbaches hat. Nun wird kaltem Wasser ja eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben, aber sollte es bei der Minikneippkur auf der Kaffeehaustoilette nicht eher um das Beseitigen von Keimen als um durchblutungssteigernde Maßnahmen für die Finger gehen?

Die ultimative Erniedrigung folgt aber ohnehin erst danach, wenn die klammen Finger unter jene unseligen Automaten gehalten werden, die statt Papier- oder Handtüchern die Handflächen wieder trockenlegen sollen. Wie das Klischee eines Fernsehmonteurs beim Ausrichten der Antenne gilt es, jenen kleinen infrarotabgetasteten Bereich zu ertasten, der das Gebläse zum Arbeiten bringt. Ein Gebläse, das seine Tätigkeit wie ein Fabriksarbeiter beim Ertönen der Sirene sofort wieder beendet, sobald die Hand den Bereich des Infrarot-Annäherungsschalters wieder verlässt. Auch schon egal, schließlich entspricht die Stärke des lauwarmen Luftstroms ohnehin nur dem Atemhauch eines lungenkranken syrischen Goldhamsters. Wenn Sie dann frustriert die feuchten Hände einfach an Ihrer Kleidung abstreifen, kann man Ihnen fast nicht verdenken, wenn Sie Händewaschen nach der Toilette für massiv überbewertet halten.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2009)

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