Tschetschenen-Mord: Vater des Opfers erhebt Folter-Vorwürfe

(c) Hans Klaus Techt
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Der Vater des am Montag in Wien ermordeten Tschetschenen hat eine Erklärung veröffentlicht, wonach sein Sohn in Tschetschenien bereits mehrfach gefoltert und in Österreich bedroht wurde.

Der am Montag in Wien ermordete Tschetsche Umar I. hätte nach einer von ihm eingebrachten Beschwerde beim Gerichtshof für Menschenrechte und einer Anzeige bei der russischen Staatsanwaltschaft zur Rückkehr in seine Heimat gezwungen werden sollen. Das erklärt der Vater des 26-Jährigen in einer der Wiener Anwältin Nadja Lorenz übermittelten Stellungnahme, in der Ali I. von Folter in Tschetschenien und Drohungen in Österreich berichtet.

Umar I. sei als "junger null-acht-fünfzehn Rebell" von Kräften des Tschetschenen-Präsidenten Ramzan Kadyrov festgenommen und misshandelt worden.

Präsident soll selbst gefoltert haben

"Ramzan Kadyrov persönlich hat ihm Elektroschocks versetzt und ihn geschlagen", beschuldigt der Vater Ali I. den Präsidenten in einer "öffentlichen Erklärung", die am Freitag der APA übermittelt wurde. Stattgefunden hätten die Folterungen im April 2003 während einer dreimonatigen Gefangenschaft in Kadyrovs Stützpunkt in Tsentoroi.

Danach habe man seinen Sohn gezwungen den Sicherheitskräften des jetzigen Staatsoberhauptes beizutreten. Als Mitarbeiter der Leibwache des Politikers habe er mehrere Monate zahlreiche Verbrechen miterlebt. "Außergerichtliche Hinrichtungen, systematischer Folter, Fälle von 'Verschwindenlassen' von Menschen und illegale Haft" seien unter dem Kommando des Präsidenten durchgeführt und veranlasst worden.

Flucht im Herbst 2004

Im Herbst 2004 sei Umar I. nach Europa geflüchtet und von Polen schlussendlich nach Österreich gelangt. Seit dem Jahr 2007 und den öffentlichen Anschuldigungen gegen den Präsidenten hätten dort die Probleme begonnen. Zuletzt habe er im Dezember 2008 in der Nähe seiner Wohnung wiederholt einen tschetschenischen Mann bemerkt, erklärte Ali I. "Er fühlte sich bedroht, informierte die Polizei und fragte wiederholt um Hilfe."

Russland wollte Auslieferung

Russland soll den Erklärungend es Vaters zufolge zuvor versucht haben Umar I. per internationalem Haftbefehl zur Rückkehr nach Tschetschenien zu zwingen. 2007 habe der Staat seinem Sohn Terrorismus, illegale Bewaffnung und einen Mordanschlag auf einen Sicherheitsmann vorgeworfen und die Auslieferung verlangt. Österreich habe diese wegen fehlender Fakten verweigert. Im Juni 2008 sei sein Sohn wiederum von einem unbekannten Tschetschenen bedroht worden - er solle die Anzeige zurückziehen und heimkehren. Dabei habe der Mann eine Liste mit 300 Personen, die "sterben müssen" erwähnt, 50 davon würden sich in Österreich befinden. Diese Liste habe er in Kadyrovs Residenz gesehen.

"Mangel an Reaktion" durch Österreich

Umar I. hatte laut seinem Vater Kontakte zu einer Widerstandsbewegung in seinem Heimatdorf Mesker-Yurt, so der Vater. Nach der Flucht seines Sohnes nach Europa seien auch er, seine Frau sowie die Schwägerin von Umar I. festgenommen und gefoltert worden, berichtete Ali I.. "Kadyrovs Männer brachen mir meine Rippen und schlugen mir Zähne aus." Auch Morddrohungen wurden ausgesprochen, im Oktober 2004 sei das Martyrium durch die Flucht nach Europa beendet worden. Er und Umar I. hätten nach Gerechtigkeit gesucht, heißt es in der Erklärung des Vaters. Es sei schwer für ihn, den "Mangel an Reaktion" der österreichischen Polizei vor dem Mord zu akzeptierten.

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