Freiheitlich seit 1848

Replik auf den Blattaufmacher der „Presse“ vom 23. Jänner („So rechts sind Straches Freiheitliche“).

Frei seit 1848“, mit diesem Slogan wirbt „Die Presse“ für sich selbst. Und ihre Redakteure wissen natürlich, wer damals bei der Revolution des Jahres 1848 an der Wiege der Pressefreiheit gestanden ist. Assimilierte und aufgeklärte Juden wie der Arzt Fischhof und Burschenschafter wie Hans Kudlich und Wenzel Messenhauser waren es, die die Revolution damals anführten. Heute werden ebensolche Burschenschafter auf der Titelseite der „Presse“ als Rechtsextremisten vorgeführt. Und das mit dürftiger Sachkenntnis und unter Berufung auf zweifelhafte Quellen.

Zweifelhaft etwa im Falle des zitierten „Rechtsextremismusexperten“ Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, der mit bürgerlichem Namen Andreas Peham heißt, führendes Mitglied diverser K-Gruppen war und heute unter besagtem Künstlernamen als große wissenschaftliche Autorität gilt – auch für die „Presse“.

Wenn man die Korporationsmitgliedschaft einzelner Abgeordneter schon in denunziatorischer Absicht angibt, dann sollte dies wenigstens mit einem Minimum an Sachkenntnis erfolgen. Dass es da Burschenschaften gibt und auf der anderen Seite Corps, sollte man wissen. Die akademischen Corps, zusammengefasst seit 1919 im Kösener Senioren-Convents-Verband, der in Deutschland und Österreich rund hundert einzelne Korporationen mit 20.000 Mitgliedern umfasst, haben als oberstes Prinzip jenes der Toleranz in religiösen, politischen und wissenschaftlichen Fragen und lehnen parteipolitische Tätigkeit dezidiert ab. Das ist aber offenbar nicht bekannt. Die Burschenschaften hingegen sind ein dezidiert patriotisch-politisch agierender Verband. Aber was soll's, da wird schlicht von einem „Burschenschafter-Corps“ gesprochen. Wirrsinn dieser Art auf dem Titelblatt der einzigen österreichischen Qualitätszeitung zu finden, schmerzt.

Nationalliberale und der „kleine Mann“

Aber auch der Kommentar von Oliver Pink, der sich sonst mit seinen Analysen zur FPÖ zumeist durch Scharfsinn und distanzierte Objektivität auszeichnet, muss sich diesmal historischer und logischer Mängel zeihen lassen. Gerade im Jahr 1848 liegt das Vorbild für jene Situation, in der sich heute die FPÖ befindet. Während sich das Bürgertum damals als ängstlich und kleinmütig erwies, unfähig, die Revolution voranzutreiben, waren die burschenschaftlich orientierten Studenten in der Wiener Akademischen Legion die treibende Kraft, die die Arbeitermassen anführte. Dass heute eine Funktionärsschicht aus bürgerlichen Nationalliberalen zu Vorkämpfern für die Interessen des viel zitierten „kleinen Mannes“ geworden ist, steht in dieser historischen Tradition.

Was schließlich Pinks Klage betrifft, dass selbst überaus honorige, bürgerliche Vertreter der FPÖ wie der Anwalt Peter Fichtenbauer Berührungspunkte zum viel geschmähten „rechten Rand“ – in diesem Fall zum Gedenkverein für den Weltkrieg-II-Flieger Walter Nowotny – hätten, so ist man da schlicht und einfach in die Political-Correctness-Falle geraten: Alles, was es rechts der Mitte an Traditionen und Vereinigungen gibt, steht unter dem Generalverdacht des Faschismus und Rassismus. Auf der linken Seite hingegen werden höchstens idealistische Verirrungen oder verzeihliche Jugendsünden geortet.

Mitglied der Burschenschaft Olympia zu sein, bedeutet heute im medialen Mainstream beinahe schon, ein ähnliches Stigma zu tragen, wie wenn man seinerzeit in der Waffen-SS gedient hätte. Niemand weiß offenbar, dass ebendiese Burschenschaft Olympia in der Folge des Schiller-Jahres 1859 in der Begeisterung des freisinnigen Bürgertums für die humanistischen Ideale des Dichterfürsten gegründet wurde und dass die Burschenschaft Olympia diesen Idealen bis heute treu geblieben ist.

Andreas Mölzer ist Mitglied des Europäischen Parlaments und Altherren-Obmann des akademischen Corps Vandalia zu Graz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2009)

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