Religionslehrer-Studie: Moslems ohne klare Führung

Anas Schakfeh
Anas Schakfeh (c) (Clemens Fabry)
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Glaubens-Gemeinschafts-Präsident Anas Schakfeh steht wegen der Religionslehrer-Studie unter Beschuss. Umstrittene Aussagen, Verzögerungen bei Neuwahlen und Verfassung geben Kritikern Aufwind.

WIEN.Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) hat ein Problem. Oder besser: Probleme. Jüngstes ist der Umgang führender Funktionäre mit der Studie über islamische Religionslehrer („Die Presse“ berichtete), nach der ein Fünftel die Demokratie ablehnt. Vor allem die Performance von Präsident Anas Schakfeh stößt dabei auf Kritik.

Er stellt zum einen die Erhebungsmethoden des Studienautorsinfrage, zum anderen spricht er davon, dass er gegen „private Meinungen“, die ja nur anonym erhoben wurden, nicht rechtlich vorgehen könne. Erst spät bekennt er, dass es für Lehrer, die derartiges Gedankengut in Schulen unterrichten würden, disziplinäre Maßnahmen geben würde.

Selbst innerhalb der Glaubensgemeinschaft scheint man mit dieser Form des Krisenmanagements nicht restlos glücklich zu sein. Vor allem, weil man es selbst in der Hand gehabt hätte, das Ruder in die Hand zu nehmen – denn die Studie des Soziologen und Islamwissenschaftlers Mouhanad Khorchide fand in Kooperation mit der IGGiÖ statt. „Es wäre professionell gewesen, sich selbst die Studie zu besorgen und damit an die Öffentlichkeit zu gehen“, erklärt der Integrationsbeauftragte Omar Al-Rawi im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Jetzt sei man erst recht wieder in der Defensive.

Kritiker wittern Morgenluft

Eine Rolle, die die IGGiÖ in den vergangenen Wochen fast abonniert hatte. Vom Gaza-Konflikt, zu dem Schakfeh durch missverständliche Aussagen über Israel aufgefallen war, bis zur Debatte um Imam Adnan Ibrahim, der Israel eine „Bestie“ genannt hat – hier stand Al-Rawi, der von einer falschen Übersetzung sprach und Verständnis für den Prediger zeigte, in der Kritik. Auch davor hatte es immer wieder Vorwürfe gegeben: Die IGGiÖ stehe nicht für alle 400.000 Muslime des Landes. Schiiten und Türken fühlten sich etwa nicht ausreichend repräsentiert.

Die Vorgänge der jüngsten Zeit lassen auch langjährige Kritiker wieder Morgenluft wittern – etwa Günther Ahmed Rusznak, Gründer des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums (IIDZ), der die IGGiÖ schon vor sechs Monaten unter Kuratel stellen wollte: Die Amtszeit der offiziellen Vertretung sei längst abgelaufen, eine Neuwahl habe aber noch immer nicht stattgefunden.

Tatsächlich ist eine neue Verfassung und Wahlordnung schon seit 2006 geplant, doch bis heute gibt es sie noch nicht – das für religiöse Fragen zuständige Kultusamt schickte mehrere Entwürfe wegen formaler Mängel oder Bedenken wieder zurück. Immer wieder wurden deswegen Vorwürfe laut, die derzeitige Führung wolle sich durch derartige Verzögerungen nur länger im Sessel halten.

Schakfeh selbst dementiert das. Im Gegenteil, er habe ja nicht umsonst im Oktober 2007 verkündet, bei der nächsten Wahl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Hätten die Amtswege nicht so lange gedauert, hätte man schon im Juni 2008 wählen können, „und ich hätte mir jetzt diese ganzen Debatten erspart“, meint er, „denn es freut mich schon lange nicht mehr“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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