Strabag: Pannen, Spenden, Tunneleinstürze

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Der österreichische Konzern Strabag ist in Ungarn einer der Großen – auch bei der Aneinanderreihung von Affären und Kartellverfahren.

WIEN. Selbst die Russland-Connection ist nicht mehr, was sie einmal war. Seit er im September 2007 im künftigen Olympia-Ort Sotschi mit dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska seinen großen Auftritt hatte, ist es um Hans Peter Haselsteiner still geworden – oder laut, je nach Interpretation. Nicht, dass es ihm und seiner Strabag schlecht ginge: Die Bauleistung von 2007, über zehn Mrd. Euro, wurde im Vorjahr nach drei Quartalen fast erreicht. Auch wenn die Krise Deripaskas 25-Prozent-Anteil ins Wanken gebracht hat, scheinen die Sotschi-Aufträge für 2014 gesichert. Das Russlandgeschäft macht Haselsteiner wohl weniger Kopfzerbrechen als jenes vor der Haustür, in Osteuropa. Denn dort ist die Bauwirtschaft stärker von der globalen Finanzkrise betroffen. Und dort hagelt es von Zeit zu Zeit unangenehme Neuigkeiten.

Vergabe wird untersucht

Soeben hat der ungarische Entwicklungs- und Wirtschaftsminister, Gordon Bajnai, angeordnet, dass die Ausschreibung zur Modernisierung der 40Kilometer kurzen Bahnstrecke von Tárnok vor den Toren Budapests bis Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) auf halbem Weg zum Plattensee gestoppt wird. Gewonnen hat die Ausschreibung das Konsortium der Strabag mit der ÖBB-Tochter MÁV Cargo. Das Angebot ist 54,9 Mrd. Forint (192 Mio. Euro) wert. Doch zwei Konkurrenten, die wesentlich weniger verlangten, wurden vom Verfahren ausgeschlossen. Jetzt lässt Bajnai prüfen, ob es dabei mit rechten Dingen zuging.

Eine andere Ausschreibung bereitet Haselsteiner keine Sorgen: Bei der Innenausstattung der zehn Stationen der künftigen Metro-Linie4 ist die Strabag mit 35,5 Mrd. Forint Bestbieterin. Partner ist neben zwei ungarischen Firmen der österreichische Konkurrent Porr.

Der hat zumindest in einem Fall Haselsteiner die Rolle des Buhmanns abgenommen: Ein im Sommer 2008 aufgeflogener Skandal um Kinderarbeit betraf die M7 und damit eine der wenigen Autobahnen, die nicht von der Strabag gebaut werden. Obwohl Porr den schuldigen Subunternehmer sofort suspendierte, blieb bei vielen Ungarn das Bild von der „österreichischen Baumafia“ zurück.

Baukartell verurteilt

Das ist auch kein Zufall. Denn ein Jahr zuvor war ein Baukartell mit der Strabag und vier anderen Mitgliedern verurteilt worden; die von der staatlichen Infrastrukturgesellschaft NIF, der „ungarischen Asfinag“, verhängten Geldbußen von insgesamt 7,043 Mrd. Forint mussten bezahlt werden. 2004 waren die Strabag und sechs andere Firmen bei einer Ausschreibung in der Hauptstadt Budapest des Kartells für schuldig befunden worden.

Beim Bau der Autobahn M6 kommen verschiedenste Dinge zusammen. Zum einen muss man mit dem „Kunstfehler“ leben, dass im Sommer 2008 ein soeben fertiggestellter Tunnel eingestürzt ist; zum anderen übt der ungarische Staat großen Druck aus, die Verzögerung aufzuholen, schließlich verbindet die M6 Budapest mit Pécs (Fünfkirchen), das 2010 von Linz die Ehre der europäischen Kulturhauptstadt übernimmt.

Rund um den Tunneleinsturz tauchte übrigens ein Name aus einem anderen Skandal wieder auf: László Puch berichtete als Staatssekretär des Verkehrsministeriums über die Baufortschritte. In seiner Eigenschaft als Kassier der regierenden Sozialistischen Partei schien er als Empfänger von Spendengeldern auf, die von der österreichischen PR-Agentur Eurocontact „vermittelt“ worden waren. Chef dieser Agentur war jener Alexander Zach, der bis September 2008 das Liberale Forum (LIF) leitete. Sein Rücktritt stand in direktem Zusammenhang mit Spenden an ungarische Parteien und in indirektem zu LIF-Förderer Haselsteiner. Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt.

Schuld sei der Zustand des Bauwesens in Ungarn, sagen die einen; schuld seien die österreichischen Usancen, meinen die anderen. Und wieder andere verweisen auf den alten Spruch: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Immerhin gehört die Strabag seit Jahren zu den größten Auftragnehmern der öffentlichen Hand in Ungarn. In der ersten Jahreshälfte 2006 war sie mit 48,1 Mrd. Forint aus 29 Projekten sogar die Nummer eins.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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