Studie zu Islam-Lehrern für Experten "unhaltbar"

"Konstruiert" und "wissenschaftlich unhaltbar": Bildungs-Forscher Stefan Hopmann von der Uni Wien kritisiert die Studie über Islam-Lehrer, die in Österreich eine breite Diskussion ausgelöst hat.

Massive Kritik an der Islam-Lehrer-Studie, deren Veröffentlichung die breite Debatte um die muslimischen Pädagogen in Österreich auslöste, übte der Bildungsforscher Stefan Hopmann von der Universität Wien. In ihr werden "in einer Art und Weise Aussagen über Einstellungen und Haltungen konstruiert, die wissenschaftlich unhaltbar sind", meinte der Professor für Schul- und Bildungsforschung vom Institut für Bildungswissenschaft.

Für Hopmann ist festzuhalten, "dass fast keine einzige in großen Lettern herausposaunte allgemeine Behauptung über Einstellungen und Haltungen islamischer Religionspädagogen auf Grundlage dieser Studie seriös nachgewiesen werden kann", heißt es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Wer auf dieser Grundlage handeln wolle, "macht aus schlechter Wissenschaft schlechte Politik".

"Schlichter Unfug"

Die Feststellung des Studienautors, dass angeblich viele Islam-Lehrer demokratiefeindliche und fanatische Positionen einnehmen, sei auf Grundlage dieser Studie "wissenschaftlich gesehen schlichter Unfug". Ein "genauer Blick" in die Originalstudie zeige, "dass hier fast durchweg auf Grundlage unzulässiger und wissenschaftlich unhaltbarer Verallgemeinerungen diskutiert wird, die meist durch eine irreführende und fehlerhafte Konstruktion von Skalen erzeugt wurden."

Ein methodisches Grundproblem, das "technisch unzulässig" ist, sieht der Bildungsforscher darin, dass in der Arbeit immer wieder "beschreibende und wertende Aussagen unter einer wertenden Überschrift fehlerhaft zusammengefasst werden". Als Beispiel verweist Hopmann auf die Erhebung von Fanatismus: Dafür seien den Befragten nur zwei Fragen bzw. Aussagen zur Selbsteinschätzung vorgelegt worden, von denen eine lautete: "Meiner Ansicht nach ist jemand, der die fünf Pflichtgebete nicht einhält, kein Muslim". So müsse analog dazu "beispielsweise jede christliche Lehrkraft, die in Übereinstimmung mit der Kirche das Glaubensbekenntnis oder das Vater Unser für unverzichtbare Bestandteile des katholischen Glaubens hält, als 'fanatisch' eingestuft werden", kritisiert der Wissenschafter.

Beim Thema Gewalt seien drei Aussagen zusammengefügt worden, "unter anderem die Aussage: 'Für mich ist es verständlich, wenn Gewalt zur Verbreitung des Islam angewendet wird.' Dieser Aussage stimmen ohnehin nur drei oder vier Befragte zu." Genau lasse sich das nicht aus der Studie ermitteln. Zudem heiße "die Tatsache, dass jemandem etwas 'verständlich' ist, noch lange nicht, dass man es auch befürwortet". Zum andern ließen sich auf Grundlage solcher und ähnlicher Fragen keinerlei verallgemeinernde Aussagen über Haltungen zu Gewalt folgern.

Hopmann: Würde Arbeit nicht annehmen

Dem Bildungswissenschafter fehlt auch der Vergleich mit anderen Lehrkräften, und "durchweg werden kleine Gruppen von Befragten in sachlich unsinniger Weise zu großen Gruppen zusammengefügt, denen dann bestimmte Haltungen zugeschrieben werden". In den allermeisten Fällen sei zu vermuten, dass entsprechende Aussagen nicht-muslimischer Lehrkräfte bezogen auf ihren jeweiligen Glauben nicht viel anders ausfallen würden. Hopmann selbst arbeitet derzeit an einer Studie an der Universität Wien und mit internationalen Partnern, bei der "die Haltung heimischer und nichtheimischer Lehrer verglichen wird". Erste Ergebnisse sind für den Sommer zu erwarten.

Warum die Dissertation trotz der methodischen Mängel positiv beurteilt wurde, kann Hopmann selbst nicht beurteilen. Auch wenn in der Arbeit durchaus auch einige "gute Teile" zu finden wären, wäre sie von ihm als Doktorvater und damit in der empirischen Bildungsforschung "in der vorliegenden Form" nicht angenommen worden.

(APA)

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