Ab in den Gulag

Die Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof in Linz ist keine Überraschung: Die katholische Kirche geht in Richtung Sekte.

Joseph Ratzinger ist ein brillanter Theologe, er schreibt großartige Predigten, und er verfügt zweifellos über Charisma. Und er ist dabei, die katholische Kirche in Richtung Sektengemeinschaft zu führen. Seine Attacken auf den „Relativismus“, seine „Versöhnung“ mit den Erben des vorkonziliaren Schismatikers Lefebvre und nicht zuletzt die Ernennung von Gerhard Maria Wagner zum neuen Weihbischof in Linz folgen einem klar erkennbaren Konzept: die kleine, streng gehütete Herde, der die Welt da draußen mit ihrer Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit, mit ihrer Buntheit und ihren vielfältigen Angeboten nichts anhaben kann. Was da entstehen soll, ist eine Kirche der 100-Prozent-Katholiken, die verschworene Katakombengemeinde der gnadenlos Guten.

Wer sich das Video des neuen Linzer Weihbischofs zu Fragen des Sakramentenempfangs auf „gloria.tv“ ansieht, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er es mit einem als Priester verkleideten Politkommissar zu tun hat – unintelligent, aber zuverlässig. Wer nur einmal im Monat in die Kirche gehe, „weil ihm gerade danach ist“, erklärt Wagner, brauche nicht zu glauben, dass er einfach so „zur Kommunion rennen“ könne. Wer nicht spurt, kommt in den Gulag der Exkommunikation.

In der Einheit, die der Papst anlässlich der Wiederaufnahme der Lefebvre-Erben beschwor, haben Holocaust-Leugner eher Platz als 50-Prozent-Katholiken: Man darf davon ausgehen, dass beide die Botschaft verstehen.


michael.fleischhacker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2009)

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