Harter Kurs: Rom bringt Linz auf Linie

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Spaltung der Diözese, Ende des Ausgleichs? Die Ernennung des neuen Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner ist eine endgültige Absage an den liberalen Flügel.

LINZ. Rom hat gesprochen: laut und unmissverständlich. Der neue Weihbischof der Diözese Linz heißt Gerhard Maria Wagner. Linz, wo aus Sicht des Vatikans in der Vergangenheit so einiges aus dem Ruder gelaufen ist, soll damit wieder hart auf romtreuen Kurs gebracht werden.

Die Fakten senden ein deutliches Signal: Wagner stand nicht auf der Liste der für den Posten vorgeschlagenen Kandidaten. Rom hat sich also direkt entschieden, was extrem selten vorkommt. Und zwar für einen echten Hardliner innerhalb der Kirche.

Nur Buben als Ministranten

Dass etwa in Windischgarsten keine Mädchen ministrieren, begründet der designierte Weihbischof und Pfarrer der Gemeinde im Garstnertal damit, dass es genügend Buben für diese Aufgabe gebe. In den Harry-Potter-Büchern der Schriftstellerin J. K. Rowling sieht Wagner „Satanismus am Werk.“ Auch seine Theorie zum Hurrikan Katrina gibt zu denken. Es sei wohl kein Zufall, dass in New Orleans alle fünf Abtreibungskliniken sowie Nachtklubs zerstört wurden, findet er und macht „geistige Umweltverschmutzung“ für den Hurrikan verantwortlich. Dieser Logik folgend vermutet Wagner, sei es kein Zufall, dass die Tsunami-Flutwelle zu Weihnachten aufgetreten sei: „Wenn die Leute aus dem reichen Westen ins arme Thailand flüchteten, um dort die Welt zu genießen“, schreibt er im Pfarrblatt.

Dass er polarisiert, hat ihn auch für den Bischofsposten disqualifiziert, als in Linz ein Nachfolger für den liberalen Maximilian Aichern gesucht wurde. Dass er nun doch immerhin zum Weihbischof ernannt wird, ist umso bemerkenswerter, als auch der heutige Diözesanbischof Ludwig Schwarz nicht im Verdacht steht, seine Loyalität gegenüber Rom jemals in Frage zu stellen: Schwarz hat in seiner Diözese die unter seinem Vorgänger eingeführte und abseits von Entwicklungsländern einzigartige Praxis der Laientaufe wieder abgeschafft. Und dafür viel Protest von der Basis einstecken müssen. In der Zölibatsdebatte tritt er ebenso hart auf wie in der Frage der Weihe von Frauen.

Mit Wagner tritt nun einer an seine Seite, der ihn an restaurativem Impetus weit zu übertreffen scheint. Für den großen gemäßigten und liberal-progressiven Teil der Kirche in Oberösterreich ein schlechtes Zeichen: befürchtet werden Spaltung, Massenaustritte und Resignation. Auf der anderen, der konservativen Seite, und auch die ist stark in Oberösterreich, dürfte seine Ernennung als späte Genugtuung gefeiert werden.

Zu diesem rechten Flügel gehört auch der ultrakonservative Linzer Priesterkreis, dessen Mitglied Wagner ist. Von der Vereinigung kam in der Vergangenheit beständig Kritik an oberösterreichischen Zuständen. Rom hatte offenbar ein sehr offenes Ohr dafür.

Der Linzer Priesterkreis ist es übrigens auch, der jene Bildungseinrichtung betreibt, als deren Mitinitiator Kurt Krenn fungierte. Alljährlich findet die „Sommerakademie“ in Aigen-Schlägl statt, nahe der Gemeinde Oberkappel, aus der Krenn stammt.

Ihre weltanschaulichen und kirchenpolitischen Überzeugungen sind noch nicht die einzigen Parallelen zwischen Gerhard Maria Wagner und Krenn: Wie Wagner wurde auch Krenn einer Diözese aufgedrängt, um progressive Entwicklungen ein für alle Mal zu tilgen. Mit der seit Langem schwersten nicht nur innerkirchlichen Krise Österreichs als Folge. Vor gut 20 Jahren war es Wien und die Ära König, nun ist es Linz und die Ära Aichern, die gelöscht werden soll.

Geschwächte Autorität

Dass den Personalwünschen von Schwarz nicht entsprochen wurde, ist für Rom ein Kollateralschaden, konterkariert aber gleichzeitig auch die Bemühung Kardinal Christoph Schönborns, in Österreich harmonisierend auf die unterschiedlichen kirchlichen Lager einzuwirken.

Und es schwächt auch das Standing des Bischofs. Generalvikar Severin Lederhilger, der als Favorit von Schwarz galt, kam ebenso wenig zum Zug wie der ehemalige Spiritual des Linzer Priesterseminars, Johann Hintermaier, der in der Erzdiözese als aussichtsreichster Kandidat gehandelt wurde.

Mit Wagner bekommt Schwarz also auch einen engen Mitarbeiter an die Seite, den er nicht wollte. Was seine Autorität schwächt, denn in letzter Instanz muss der Bischof seinem Weihbischof zustimmen. Das hat Schwarz offensichtlich getan. Und damit gezeigt, dass er dem Druck, der auf ihn einwirkte, nicht standhielt.
Meinung Seite 27

ZUR PERSON

Gerhard Maria Wagner wurde am 17. Juli 1954 als Sohn einer Arbeiterfamilie in Wartberg ob der Aist geboren. Er studierte in Linz und Rom Philosophie und Theologie. Seit 20 Jahren ist er in der oö. Pfarre Windischgarsten als Priester tätig. Der Anhänger des Fußballklubs LASK kickt auch gerne mit der Dorfjugend und isst am liebsten Leberkäse. Aufmerksamkeit erregte er durch umstrittene Aussagen zu Harry- Potter-Romanen und Naturkatastrophen. Die Weihe Wagners zum Linzer Weihbischof soll am 22. März um 15 Uhr im Linzer Mariendom stattfinden. [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2009)

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