Streit um Traditionalisten: "Man hat den Papst hereingelegt"

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War die Rehabilitierung der Traditionalisten der Alleingang eines Kardinals? Jedenfalls zeigen alle mit dem Finger auf Dario Castrillón Hoyos, der für die Versöhnung zuständig ist.

ROM. „Der Papst ist unschuldig. Man hat ihn hereingelegt.“ Das ist der gemeinsame Nenner, auf den sich journalistische Nachforschungen, Indiskretionen und halbamtliche Stellungnahmen aus dem Vatikan bringen lassen – nach mehr als einer Woche Streit um die Rehabilitierung ultrakonservativer Bischöfe und die aktuelle Bischofsernennung in Österreich.

Der Schuldige am ganzen Schlamassel scheint im Vatikan gefunden zu sein. Jedenfalls zeigen alle mit dem Finger auf Dario Castrillón Hoyos, jenen Kardinal, der seit neun Jahren damit beauftragt ist, die Verhandlungen mit den Traditionalisten zu führen und ihnen „die Rückkehr in die volle kirchliche Gemeinschaft zu erleichtern“.

Castrillón Hoyos wird im Juli 80 Jahre alt, muss nach den vatikanischen Spielregeln in den Ruhestand gehen, und hat offenbar in Eile versucht, sein Lebenswerk erfolgreich abzuschließen. Dabei hat er übersehen, dass zu den vier fraglichen Bischöfen der Holocaust-Leugner Richard Williamson gehörte. „Bis zuletzt haben wir absolut nichts gewusst von diesem Williamson; man hat nie über ihn gesprochen; ich glaube, dass niemand davon gewusst hat“, verteidigt sich Hoyos, aber das erscheint nicht nur Kritikern von außen, sondern auch seinen Kollegen im Vatikan zweifelhaft.

Hoyos sei ein „Schlamper“, soll Kardinal Giovanni Battista Re, der Chef der Bischofskongregation, geschrien haben. Re selbst, der zuständigkeitshalber die Aufhebung des Kirchenbanns unterzeichnet hat, fühlt sich von Hoyos überrumpelt.

Mittlerweile geht sogar Radio Vatikan, der offizielle Sender des Papstes, zur Attacke nach innen über. In seinem Wochenkommentar entschuldigt sich der verantwortliche Redakteur der deutschen Abteilung, Stefan von Kempis, bei den Hörern für seine ungewöhnliche Kritik, aber „es gibt im Vatikan eben auch Personen, die ihre eigenen Projekte verfolgen und dabei in Kauf nehmen, dass das Ansehen der Kirche und das katholisch-jüdische Verhältnis schweren Schaden nehmen“.

Es wäre „nicht der erste Hinweis auf Schlamperei mit schwerwiegenden Folgen im Vatikan“, bestätigt von Kempis. „Aber nicht der Papst ist an all dem schuld, leider Menschen im Vatikan, die unprofessionell oder eigensinnig arbeiten.“ Namen nennt er aber nicht.

Amtliche Disziplinierung?

In Österreich wird befürchtet, der Vatikan könnte zu „Strafernennungen“ zurückkehren, um eine möglicherweise allzu liberale Kirche amtlich zu disziplinieren. Doch keine Bischofsernennung der Ära Benedikts – also seit April 2005 – trägt bisher den Charakter einer Strafmaßnahme. Gerade deutsche Diözesen sind nicht gerade unglücklich über ihre neuen Bischöfe. Gestiegen ist mit Benedikts konservativen Experimenten allerdings die Sensibilität des Publikums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2009)

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