Mit einem verpflichtenden Bekenntnis zu Demokratie und neuen Lehrplänen will das Bildungs-Ministerium die Kontroverse um islamische Religionslehrer lösen.
WIEN. Ein Fünf-Punkte-Programm zur Demokratisierung der muslimischen Religionslehrer: So lautet die Antwort des Bildungsministeriums auf den anhaltenden Konflikt um die Religionslehrer der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGIÖ).
Das Paket, das Bildungsministerin Claudia Schmied mit dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, am Montag vereinbarte, legt die künftige Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Glaubensgemeinschaft detailliert fest. Und stellt vor allem die Religionslehrer stärker unter die Kontrolle des Ministeriums. Die Maßnahmen geschähen „auf Basis der bestehenden Gesetze“, sagt Ministeriums-sprecher Nikolaus Pelinka. „Es geht uns um ein klares Bekenntnis der Glaubensgemeinschaft.“
Hintergrund der Vereinbarung ist die Aufregung um die Studie des Soziologen Mouhanad Khorchide, wonach in Österreich jeder fünfte muslimische Religionslehrer die Demokratie ablehne (siehe Interview unten). Die fünf Punkte im Einzelnen:
•Neue Dienstverträge: Mit dem kommenden Schuljahr sollen mit allen islamischen Religionslehrern neue Dienstverträge abgeschlossen werden. In den Verträgen sollen in einer Präambel „die Werte der Demokratie, der Menschenrechte und der Verfassung“ sowie die „staatsbürgerliche Erziehung“ verbindlich festgeschrieben werden.
•Entziehung der Unterrichtserlaubnis: Laut Information des Ministeriums hat die Glaubensgemeinschaft zugesagt, jedem Lehrer, der sich „nachgewiesen von demokratischen Werten oder den Menschenrechten distanziert“, sofort die Unterrichtserlaubnis zu entziehen. In Österreich ist grundsätzlich die Glaubensgemeinschaft für die Auswahl der Religionslehrer zuständig. Bezahlt werden die Pädagogen von der öffentlichen Hand. Österreichweit gibt es 390 muslimische Religionslehrer, 143 davon in Wien. 47.000 Kinder nehmen bundesweit am islamischen Religionsunterricht teil.
•Neuer Lehrplan: Bis Ende April soll ein neuer Lehrplan in Kraft treten, der „modernen Qualitätskriterien“ entspricht.
•Überprüfung der Unterrichtsmaterialien: Die Glaubensgemeinschaft verpflichtet sich dazu, alle Schulbücher und Lehrmaterialien bis Ende April zu überprüfen. Ein unabhängiger wissenschaftlicher Beirat soll dies durchführen.
•Tätigkeitsbericht für das Ministerium: Künftig müssen die Fachinspektoren für den islamischen Religionsunterricht jedes Semester einen Tätigkeitsbericht an das Ministerium abgeben. Der erste Bericht soll schon in zehn Tagen – am 12. Februar – vorliegen.
Die Glaubensgemeinschaft habe dem Aktionsplan ihre „volle Zusammenarbeit“ zugesichert, heißt es aus dem Ministerium. Ursprünglich hatte man in der Glaubensgemeinschaft noch versucht, Khorchides Studie herunterzuspielen und warf dem Autor mangelnde Wissenschaftlichkeit vor. Zur gleichen Zeit wurde allerdings publik, dass in einem islamischen Religionsbuch für Volksschüler der „Märtyrertod“ idealisiert wurde.
Aufgrund dieser Vorfälle erhöht sich der Druck auf IGGIÖ-Präsident Schakfeh. Nicht nur von politischer Seite hagelte es Rücktrittsforderungen, sondern auch innerhalb der islamischen Community. Denn Schakfeh regiert dem Vernehmen nach autoritär. Außerdem hat die IGGIÖ derzeit keine gültige Verfassung. Kritiker werfen der Glaubensgemeinschaft vor, nur eine kleine Minderheit der österreichischen Muslime zu vertreten.
Die fünf Punkte sind indes nicht die einzige Neuerung. Auch bei den Deutschkenntnissen der islamischen Religionspädagogen sieht man im Ministerium Handlungsbedarf: Bei mangelnden Deutschkenntnissen sollen die Landesschulräte dem Pädagogen die Unterrichtserlaubnis entziehen können.
Neu: Hochschule obligatorisch
Eine weitere Maßnahme soll die Qualität der Lehrerausbildung sichern: Neu eingestellte Lehrer müssen ab sofort einen Abschluss an einer Pädagogischen Hochschule oder Universität vorweisen können. Derzeit haben 37 Prozent der muslimischen Religionslehrer weder eine theologische noch eine pädagogische Ausbildung. Ein Universitätsstudium für muslimische Religionslehrer gibt es in Österreich – aber erst seit Kurzem: Seit 2006 können künftige Religionslehrer an der Universität Wien das Studium der „Islamischen Religionspädagogik“ besuchen.
AUF EINEN BLICK
■Mit einem Fünf-Punkte-Plan reagiert das Bildungsministerium auf die Kontroverse um islamische Religionslehrer und deren mangelndes Bekenntnis zur Demokratie.
■ In den Dienstverträgen der Lehrer sollen künftig die Werte der Demokratie „verbindlich festgeschrieben“ werden. Weiters sind Kontrollen der Lehrbücher sowie neue Lehrpläne vorgesehen.
■ Nur noch jene Lehrer sollen neu angestellt werden, die eine Pädagogische Hochschule oder ein Universitätsstudium absolviert haben. 37 Prozent der derzeitigen Lehrer haben weder theologische noch pädagogische Ausbildung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2009)