Der neue Linzer Weihbischof: ambitionierte Persönlichkeit mit Krenn-Potenzial. Stoff für Konflikte, mit denen die Kirche in Zukunft beschäftigt sein wird, ist reichlich vorhanden.
Linz. „Zerreißprobe für die Diözese“, „Spaltung“ und „Rechtsruck in der Kirche“ waren die Kommentare zur Ernennung des neuen Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner. Ein „unschöner Empfang“, wie Diözesanbischof Ludwig Schwarz meinte.
Der viel kritisierte Wagner wirkte trotz alledem während seines ersten öffentlichen Auftritts seit der Ernennung am Montag ungemein gelassen. Er stellte seine Rom-treue Linie außer Zweifel. Auch wenn progressive Kräfte Massenaustritte prophezeien: „Wir sind nicht erpressbar.“
Er verteidigte seine Aussagen um Satanismus in Jugendliteratur und den Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen und geistiger Verschmutzung, sprach auch vom strafenden Gott: „Gott führt uns auch durch Grenzen, allerdings mit dem Ziel der Liebe. Und dass etwas keine Strafe Gottes ist, das wissen Sie genauso wenig wie ich es weiß.“ Man solle mehr ins Volk hineinhören, riet er seinen Kritikern. „In Windischgarsten ist die Kirche (seine Kirche; Anm. d. Red.) jeden Sonntag voll“, ließ Wagner keinen Zweifel an seiner Beliebtheit.
Der dennoch unverhohlen geäußerte Protest vieler gegen die Ernennung des Erzkonservativen hat an ihm keine Spuren hinterlassen, im Gegenteil. Der Verdacht, dass es zu Fehlentwicklungen in der Diözese gekommen sei, muss sich für ihn noch erhärtet haben. Da könne doch etwas nicht stimmen, „wenn gerade ich als Spalter hingestellt werde, wenn ich für die eine Kirche eintrete und mich hinter den Papst stelle“.
Hohes Krenn-Potenzial
„Jeder, der in Rom war, will irgendwann etwas werden“, heißt es unter Kirchenkennern. Wie viele Geistliche, die während ihrer Studienzeit Rom-Erfahrung sammeln konnten, ist auch Wagner hoch ambitioniert. Nun kann es der direkt vom Papst ins Auxiliarbischofsamt reklamierte Weltpfarrer noch sehr weit bringen. Er ist Rom treu, zwar reaktionär, aber leutselig; wortgewandt, aber nicht zu weit vom Volksmund entfernt; konfliktfreudig und ein großer Selbstdarsteller. Addiert man zu alledem noch seine restriktive Einstellung punkto Laiendebatte und Zölibat, ergibt das eine Persönlichkeit mit durchaus vorhandenem Krenn-Potenzial.
Franz von Assisi ist Gerhard Maria Wagners liebster Heiliger. „Weil er sich auch wahnsinnig über die Kirche geärgert hat, aber drinnen blieb und von innen heraus versucht hat, zu reformieren.“ Wagner ärgert sich auch nicht wenig: über die Medien, die „nicht ständig auf die katholische Kirche einschlagen“ sollen, über die, die ihm und den konservativen Kreisen, in denen er sich bewegt, übel nehmen, während der liberalen Ära unter Bischof Maximilian Aichern in Rom Stimmung gegen Linz gemacht zu haben. Auch hier bleibt Wagner dabei: „Warum soll man in Rom denn nicht darüber reden dürfen, was in Linz eine Sorge ist?“ Sorge bereite auch die „Ausdehnung des Islam, dort, wo wir uns nicht unserer christlichen Wurzeln bewusst sind, wo es ein Vakuum gibt“. Stoff für Auseinandersetzungen, mit denen die Kirche in Zukunft beschäftigt sein wird, ist also reichlich vorhanden.
Politische Unruhe
Gestern hat die jüngste kirchliche Personalentscheidung auch für politische Unruhe gesorgt: Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) warf Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) „skandalöse Einmischung in kircheninterne Angelegenheiten“ vor, Grünen-Chef Rudi Anschober befürchtet einen „Weg zurück ins 19. Jahrhundert“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2009)