Finanzberater: „Banken können sich wieder mehr erlauben“

Massenbauer
Massenbauer (c) Die Presse (Andreas Kerschbaumer)
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Johann Massenbauer (69) hat Fremdwährungs-Kredite für Privatkunden salonfähig gemacht. Der "Presse" erklärt, weshalb Banken, Notenbank und Staat vom Ende dieser Kredite profitieren.

Wien. Österreichische Banken vergeben keine Fremdwährungskredite mehr an Privatpersonen. Der Grund ist eine Empfehlung der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Nationalbank (OeNB) im vergangenen Oktober, von diesen Krediten Abstand zu nehmen. Einige Banken sollen danach sogar Franken- in Euro-Kredite zwangskonvertiert und Kreditnehmer dadurch massiv geschädigt haben. Für den Anlageexperten Johann Massenbauer sorgten die Fremdwährungskredite auch für Konkurrenz. Mit ihrem Wegfall würde es den heimischen Banken wieder leichter fallen, für Kredite höhere Zinsen zu verlangen.

Die Presse: Herr Professor, Sie haben Fremdwährungskredite für Privatkunden in Österreich ab 1993 erst salonfähig gemacht. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Nationalbank (OeNB) haben den Banken nun empfohlen, die Finger davon zu lassen.

Johann Massenbauer: Dass die Fremdwährungsfinanzierung jetzt von der FMA und den Banken abgewürgt wurde, hat meiner Meinung nach andere Gründe, als in der Öffentlichkeit dargestellt wird.

FMA und OeNB begründen ihre Ablehnung der Fremdwährungskredite mit den heftigen Wechselkursschwankungen.

Massenbauer: Es gibt derzeit Kursschwankungen. Diese spiegeln aber nicht unbedingt die wirtschaftlichen Fakten wider, sondern sind durch die Auflösung von Carry-Trades (Anlagestrategie, die unterschiedliche Zinssätze zwischen Währungen ausnützt, Anm.) entstanden. Diese Phase sollte aber bald ausgestanden sein.

Was soll dann der tatsächliche Grund für die Ablehnung sein?

Massenbauer: Meiner Meinung nach der wirtschaftliche Druck, dem Banken, die Nationalbank und das Finanzministerium ausgesetzt sind.

Wie profitieren die Banken?

Massenbauer: Die Banken hatten bis 1994, also noch bevor Fremdwährungskredite bedeutsam waren, eine Zinsspanne (Aufschlag zu den Geldmarktzinsen, die Banken verrechnen, Anm.) von drei bis vier Prozentpunkten auf ihre Kredite. Durch die steigende Bedeutung der Fremdwährungskredite kamen die Banken bei der heimischen Währung unter Druck und mussten ihre Spannen auf ein bis zwei Prozentpunkte senken.

Ist dieses „Druckmittel“ nun weg?

Massenbauer: Nicht nur das. Auch die Zinspolitik der Banken war vorher für einen normalen Konsumenten nicht nachvollziehbar. Da ist mit komplizierten Formulierungen gearbeitet worden. Durch die Fremdwährungsdarlehen wurde das Kreditsystem transparenter. Durch ihren Wegfall werden die alten Zustände (höhere Zinsspanne, intransparente Spesen, Anm.) bald wieder da sein, weil es sich die Banken wieder erlauben können.

Welches Interesse hat die Nationalbank (OeNB), die Fremdwährungsdarlehen zurückzudrängen?

Massenbauer: Bevor es in Österreich die Fremdwährungsfinanzierung in bedeutendem Ausmaß gab, haben die österreichischen Banken einen Canossagang zur Nationalbank machen müssen, wenn ihnen das Geld knapp geworden ist. Sie haben sich dann beim zentralen Geldausgleichsinstitut der Republik refinanziert. Dieses zusätzliche Geld war für die Banken allerdings nicht kostenlos, die Nationalbank hat gut damit verdient. Durch die Fremdwährungskredite hat es diesen Bedarf nicht mehr in vergleichbarem Ausmaß gegeben.

Darum soll die Nationalbank gegen Fremdwährungskredite gewesen sein?

Massenbauer: Ja. 55 Mrd. Euro waren in Fremdwährungen investiert. Wenn die Nationalbank nur die Hälfte an die Banken verborgen hätte können, wäre das schon ein nettes Körberlgeld gewesen. Die Einnahmen daraus sind für die Nationalbank jährlich gesunken. Das wird den Finanzministern nicht gefallen haben.

Warum das? Weil die OeNB staatlich ist?

Massenbauer:Die Regierungen (der Staat ist 70-Prozent-Eigentümer der OeNB, Anm.) fordern mehr Einnahmen von der Nationalbank. Also Geld, das sie dem Staatsbudget zuschießen können. Nachdem man jetzt die Konkurrenz, vor allem den Franken, abgewürgt hat, kann die OeNB wieder besser verdienen. Den Schaden haben dafür tausende Familien, deren Franken-Kredite zwangskonvertiert worden sind. Sie haben Kursverluste erlitten und zahlen deutlich höhere Zinsen für die Euro-Kredite.

Haben Privatkunden noch Zugang zu Fremdwährungskrediten?

Massenbauer: Nein. Das wird auch für längere Zeit so bleiben.

Hat auch das Problem mit den Tilgungsträgern (Ansparpläne bei endfälligen Krediten – mit diesen wird der Kredit erst bei Fälligkeit getilgt und nicht durch laufende Ratenzahlungen, Anm.) zur Ablehnung der Fremdwährungskredite beigetragen?

Massenbauer: Ja, das Problem gab es. Es verwundert mich aber schon, dass man es den Fremdwährungskrediten anlastet. Tilgungsträger hat es schon bei Schilling-Finanzierungen gegeben. Das Problem ist ganz einfach die Art des Tilgungsträgers. Die meisten haben auf aktienorientierte Fonds gesetzt, die ab 2001 Ertragsprobleme bekommen haben. Die privaten Vermittler und Banken haben Mitschuld, da sie, getrieben von Ertragsgier, den eigenen Kunden risikoreiche Produkte eingeredet haben.

Welche volkswirtschaftlichen Folgen hat das Ende der Fremdwährungskredite?

Massenbauer: Weil nun nur noch Euro-Kredite an private Kunden vergeben werden, die um rund zwei Prozentpunkte mehr Zinsbelastung als CHF-Kredite aufweisen, wird die Bauwirtschaft einen Auftragsrückgang hinnehmen müssen. Ich schätze, dass es dadurch in Österreich bis zu50.000 Arbeitslose mehr geben wird.

Zur Person: Johann Massenbauer

Als selbstständiger Finanzberater hat Prof. Johann Massenbauer (69) ab 1993 die Fremdwährungsfinanzierung für Privatkunden in Österreich salonfähig gemacht. Vorher war er für österreichische Großbanken tätig. Massenbauer gilt als einer der profiliertesten Berater Österreichs. Vom Wegfall der Fremdwährungskredite profitierten vor allem die österreichischen Banken, kritisiert der Experte. [Kerschbaumer]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2009)

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