Voves: „Arbeits-Übereinkommen mit der FPÖ ist möglich“

(c) APA (Markus Leodolter)
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Für SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves ist die FPÖ ein ernst zu nehmender Gesprächspartner. Vom Bund fordert er Geld für die Grazer Uni-Klinik: „Werde nicht mehr lange zuschauen.“

Die Presse: Ihr Bundesparteivorsitzender wird nicht müde, die FPÖ als Partei, „mit der man keinen Staat machen kann“, abzukanzeln, während sich SPÖ-Landesspitzen, wie zuletzt Salzburgs Gabi Burgstaller, auffallend kooperationsbereiter zeigen. Hat die SPÖ keine klare Linie?

Franz Voves: Auf unterschiedlichen Ebenen gibt es unterschiedliche Ansichten und Zugänge. Werner Faymann hat im Bundesparteivorstand klipp und klar gesagt, dass er das zur Kenntnis nehme. Er kann also damit leben.

Und Sie könnten mit der FPÖ als Partner leben?

Voves: Ich bleibe dabei, in Richtung aller demokratisch legitimierten Parteien gesprächsbereit zu sein. Ein Ausgrenzen ist nicht okay.

Faymann hat das mit seiner Koalitionsabsage Richtung FPÖ vor der letzten Wahl aber getan.

Voves: Die politische Strategie, mit einer Koalitionsansage in die Wahl zu gehen, war nach den vergangenen 18 Monaten richtig, weil die Mittelparteien sonst zu Kleinparteien geschrumpft wären. Aber generell halte ich – auch wenn das einige alte Parteistrategen anders sehen – nichts von einer Koalitionsabsichtserklärung vor einer Wahl, weil es ein Vorwegnehmen des Wählerwillens ist.

Dennoch: Für Sie ist die FPÖ ein potenzieller Partner?

Voves: Auf Landesebene haben wir in der Steiermark das Proporzsystem. Wenn die FPÖ bei der nächsten Wahl den Sprung zurück auf die Regierungsbank schafft – wovon ich ausgehe –, dann kann ich ihr nicht ausrichten: Mit dir will ich nichts zu tun haben. Es hat sich gezeigt, dass die FPÖ auf Landesebene ein durchaus ernst zu nehmender Gesprächspartner sein kann.

Wen können Sie sich vorstellen?

Voves: Der Grazer Stadtrat, Mario Eustacchio, macht einen offenen Eindruck.

Von den umstrittenen Islam-Aussagen von Susanne Winter hat er sich inhaltlich aber nicht distanziert.

Voves: Aber ich habe bei ihm die aggressive Seite der Rechten nicht herausgehört. Wir werden sicher keine Wertepositionen der SPÖ opfern, aber wenn inhaltlich Kompromisse möglich sind...

Wie weit kann das gehen? Ist ein Arbeitsübereinkommen vorstellbar?

Voves: Wenn es inhaltlich passt, schließe ich das nicht aus. Es ist ja umgekehrt für die ÖVP keine gemähte Wiese, dass nur sie der logische Partner der FPÖ sein kann. Man darf nicht unterschätzen, dass es nach Knittelfeld und durch das Verhalten der Schüssel-ÖVP in der FPÖ arge Vorbehalte gibt.

Die Grünen kommen in der Debatte als möglicher Partner für die SPÖ gar nicht mehr vor?

Voves: Die sind zur Zeit mit sich selbst beschäftigt. Und in der Steiermark habe ich versucht, Gemeinsamkeiten herauszuhören. Die Grünen haben sich inhaltlich hier aber eher mit der ÖVP getroffen. Aber es gibt einerseits sicher Bereiche, wo wir den Grünen nahe sind. Auch wenn wir in Sachen Wirtschaftspolitik andere Ansichten haben.

Gegen die aktuelle Krise scheinen sämtliche Parteien machtlos.

Voves: Wo möglich, ist ein Vorziehen der Infrastrukturprojekte notwendig. Die entscheidende Frage ist, wie sich in diesem Jahr die Beschäftigungssituation entwickelt. Wenn wir dieses Tal nicht 2009 durchtauchen, muss sich die europäische Politik ohnehin grundlegend Gedanken machen.

Bezüglich steirischer Infrastrukturprojekte wird der SPÖ vorgeworfen, sich in Wien nicht durchzusetzen.

Voves: Von zehn Milliarden Euro Infrastrukturinvestitionen fließen sechs Milliarden in die Steiermark, von den 700 Millionen Euro des InfrastrukturpaketsII gibt es 200 Millionen. 76 Millionen werden vom Bund in die Schulinfrastruktur bei uns investiert. Die ÖVP sollten sich die Frage stellen: Was war drei Jahre davor?


Beispielsweise – wie jetzt – auch nur Versprechen des Bundes für den Neubau der Chirurgie an der Grazer Universitätsklinik.

Voves: Da werde ich deshalb auch nicht mehr lange zuschauen, wie vom Bund das Wiener AKH oder die Uniklinik Wien – Stichwort Personalkostenübernahme – wesentlich besser behandelt werden als die Klinik in Graz. Wenn es Wien da auf die Spitze treibt, werde ich das sehr klar darlegen.

Die EU-Wahl naht. Welchen Listenplatz soll der steirische Kandidat Jörg Leichtfried bekommen?

Voves: Ich erwarte ihn sehr weit vorne – zwischen Platz eins und fünf.

Sie sind in Kürze sieben Jahre Vorsitzender der Steirer-SPÖ...

Voves: Überlebt!

Den Wechsel in die Politik schon einmal bereut?

Voves: Nein, die Leidenschaft ist geblieben. Auch wenn es eineinhalb Jahre ein harter Kampf war, die politischen Rituale der Partei zu lernen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2009)

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