ÖIAG rüstet sich für die AUA-Pleite

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Kurzarbeit und Gehaltsverzicht sollen den Ruin abwenden, auch ein Personalabbau ist möglich. Noch vor einem Jahr hat der zum Rücktritt gezwungene AUA-Boss Ötsch gemeint, die AUA sei saniert.

Wien (eid). AUA-Präsident und ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis schließt eine Pleite der AUA nicht mehr aus. Erstmals hat Michaelis offiziell und öffentlich betont, dass „wir schon jetzt gegen die Insolvenz kämpfen“. Sollte die Übernahme der AUA durch die deutsche Lufthansa scheitern – etwa am Nein der EU –, dann sei ein Konkurs nicht auszuschließen, sagte Michaelis am Donnerstag. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) hat in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung ebenfalls von einem „Insolvenzszenario“ gesprochen.

Noch vor einem Jahr hat der in der Vorwoche zum Rücktritt gezwungene AUA-Boss Alfred Ötsch gemeint, die AUA sei saniert, „wenn das heißt, dass wir die größten Verlustbringer beseitigt haben“. Die Liquidation der Fluglinie wäre der „GAU“ und würde „noch deutlich mehr“ kosten als eine extreme Redimensionierung, die Michaelis als weniger grausliche, aber immer noch katastrophale Variante des „Plan B“ bezeichnete. „Dann haben Sie nicht mehr Austrian Airlines, sondern Vienna Air.“ Auch die radikale Verkleinerung der AUA – Halbierung der Flotte und Strecken sowie des Personalstandes – würde weit mehr als die 500 Mio. Euro Staatshilfe kosten, die jetzt als Schuldennachlass beim Kauf durch die Lufthansa vereinbart worden sind. Zahlen wollte Michaelis im Klub der Wirtschaftspublizisten keine nennen, er dementierte aber nicht, dass die Rede von weit mehr als einer Mrd. Euro ist. Allein bei den Gläubigerbanken steht die AUA mit mehr als einer Mrd. Euro in der Kreide – im Konkursfall müssten die Banken dies in den Rauchfang schreiben. In Summe hat die AUA rund zwei Mrd. Euro an Verbindlichkeiten.

Passagierzahlen drastisch gefallen

Die Lage der AUA ist jedenfalls dramatischer als bisher bekannt. Im Jänner ist das Frachtvolumen um rund 30 Prozent gesunken, die Passagierzahlen sollen um mehr als 15 Prozent gefallen sein. Michaelis macht deshalb Druck auf das 225 Mio. Euro schwere Krisenpaket, das vom neuen Vorstandsduo Peter Malanik und Andreas Bierwirth „so schnell wie möglich“ auf den Weg gebracht werden soll. Das Maßnahmenbündel, über das am Donnerstag mit Betriebsrat und Gewerkschaft verhandelt wurde und das am Montag vom Aufsichtsrat abgesegnet wird, umfasst Teilzeitarbeit, Kurzarbeit, Gehaltsverzicht, Streckenstreichungen und die Stilllegung von Flugzeugen. Sollte dies nicht reichen, schließt Michaelis einen Personalabbau nicht mehr aus. Kolportiert wird die Streichung von 1000 bis 2000 der 8000 Stellen. Ötsch hatte dies bisher in Abrede gestellt.

Bleibt die Gretchenfrage nach der Liquidität, die Michaelis auch im Aufsichtsrat thematisieren will: Reichen die 200 Mio. Euro, die die ÖIAG der AUA zur Verfügung gestellt hat, bis zur EU-Entscheidung aus? Schließlich hätte die AUA ohne Geldspritze zum Jahresende 2008 nur mehr vier Mio. Euro in der Kasse gehabt.

Sollte der Notkredit, von dem 70 Mio. Euro schon verbraucht sind, nicht reichen, müsste die ÖIAG einen Vorgriff auf den 500-Mio.-Euro-Staatszuschuss machen. Dies müsste wieder bei der EU angemeldet werden. Der AUA-Deal soll nächste Woche in Brüssel notifiziert werden. Kernpunkt sei laut Michaelis ebenfalls die Finanzlage: Jeder private Investor müsste auch Geld einschießen, um die Fluglinie zu retten – mit diesem Argument will man Brüssel überzeugen, den Staatszuschuss zuzulassen.

Michaelis, der nach Verkauf der AUA als Aufsichtsratspräsident zurücktreten wird, verteidigte sich gegen Vorwürfe, er habe genauso wie Ötsch Verantwortung für das AUA-Desaster zu tragen: Die Schärfe der Luftfahrtkrise sei nicht absehbar gewesen. Und: „Ich habe im Aufsichtsrat meiner Sorgfaltspflicht Genüge getan.“ Es habe öfter unterschiedliche Auffassungen gegeben, weshalb man sich nun von Ötsch getrennt habe. Zu dessen kolportierter Millionenabfertigung wollte Michaelis nichts sagen.

AUF EINEN BLICK

Der AUA stehen schwere Monate bevor: Aufsichtsratschef Peter Michaelis schließt eine Insolvenz nicht mehr aus. Sollten die EU-Prüfung des Verkaufs an die Lufthansa länger dauern und das 225-Mio.-Euro-Krisenpaket nicht greifen, wird es eng. Bevor es zum Konkurs käme, würde die AUA „halbiert“. Auch das würde weit mehr kosten als der 500 Mio. Euro schwere Schuldennachlass.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2009)

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