Der lange Abschied des Peter Michaelis

Peter Michaelis
Peter Michaelis(c) REUTERS (Heinz-Peter Bader)
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Alfred Ötsch ist als AUA-Chef Geschichte. Gut für ÖIAG-Chef Peter Michaelis, dieser sitzt fest im Sattel. Derzeit jedenfalls. Nach dem AUA-Verkauf wird er wohl gehen müssen.

Es ist vollbracht: Alfred Ötsch ist als AUA-Chef Geschichte. Schlecht für Ötsch, gut für ÖIAG-Chef Peter Michaelis. Der war angesichts der prekären Situation der Fluggesellschaft in den vergangenen Monaten ja furios kritisiert worden. Umso selbstbewusster konnte Michaelis gemeinsam mit ÖIAG-Aufsichtsratspräsident Peter Mitterbauer am Donnerstag vor die Journalisten treten. Und dort stellte Mitterbauer auch gleich einmal klar: Eine Ablöse von Michaelis sei im ÖIAG-Aufsichtsrat überhaupt kein Thema. Mitterbauer: „Wir brauchen die volle Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand der ÖIAG für die Zeit, die uns bevorsteht.“ Ende der Diskussion.

Ende der Diskussion? Das glaubt Mitterbauer wohl selbst kaum. Wohl hat Michaelis mit der plötzlichen Verabschiedung von Ötsch seinen Kopf aus der Schlinge ziehen können. Doch die Schlinge ist immer noch da.

Und sie soll noch durchaus zum Einsatz kommen, heißt es in hohen politischen Kreisen. Allerdings werde das erst im Spätsommer passieren – zwei Jahre vor Michaelis' Vertragsende. Jedenfalls sei das der Plan der Regierung. Dieses Mal soll er allerdings vifer durchgeführt werden – und nicht so tollpatschig wie zuletzt.

Wir erinnern uns: Es war Ende Oktober des vergangenen Jahres, als es für Peter Michaelis ernsthaft ungemütlich wurde. Der AUA-Verkauf war bereits ein amtlich anerkanntes Fiasko, Michaelis stand im Kreuzfeuer der Kritik, und der hoffnungsvolle Kanzleranwärter Werner Faymann gab zu Protokoll, er würde Michaelis „keine Träne nachweinen“. ÖVP-Chef Josef Pröll sekundierte, er habe „die Nase voll“.

Rasch einigten sich die beiden im Zuge der Regierungsverhandlungen: Michaelis muss weg. Und zwar eher früher als später.

Die Umsetzung des klandestinen Plans scheiterte allerdings an der schlechten Vorbereitung – man könnte es auch Dilettantismus nennen: Faymann hatte den früheren SPÖ-Staatssekretär im Finanzministerium, Christoph Matznetter, zweimal zu einem Gespräch in der Causa ÖIAG gebeten – und Matznetter auch den Job als ÖIAG-Vorstand in Aussicht gestellt. Bedingung: Es müsse auch ein zweiter Vorstand her – natürlich ein „Schwarzer“, so viel politischer Realitätssinn muss sein. Also wurde bei Michael Ikrath angeklopft. Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete sei als Sparkassen-General und „Architekt“ des ÖIAG-Banken-hilfstopfs gerade der richtige Mann für den Job, glaubte man.

Weit gefehlt: Ikrath sagte ab, weil er „so einen Versorgungsposten nicht nötig“ habe, wie hinter vorgehaltener Hand erzählt wird. Peinlich für die ÖVP: Nicht nur war Ikrath indiskreterweise in den Medien wochenlang als ÖIAG-Vorstand in spe gehandelt worden – dann gab es auch noch eine barsche Absage.

Schlimmer noch: Pröll hatte auch noch die Zeter und Mordio schreiende Industriellenvereinigung am Hals – ein gravierendes Problem für den machtpolitisch noch keinesfalls voll akklimatisierten ÖVP-Chef. Zumal die mächtige Interessenvertretung ohnehin einigermaßen verschnupft sein soll, weil sie bei der Regierungsbildung personalpolitisch übergangen worden ist. Und dann erdreistete sich Pröll auch noch, bei politischen Planspielen in der ÖIAG mitzumachen – ein einziger Affront.

„Die Industriellenvereinigung sieht sich in gewisser Weise als Schutz-Madonna der ÖIAG“, schmunzelt ein Partei-Insider. Und die Entpolitisierung der ÖIAG hat sich die Interessenvertretung immer schon gerne auf ihre Fahnen geheftet. Die hatte der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Jahre 2000 als ÖIAG-Gesetz zu Papier gebracht – vermutlich als Dankeschön an die Industriellenvereinigung für die großzügige Homepage-Spende seinerzeit.

Pröll machte also verschreckt einen Rückzieher – zumal auch aus dem ÖIAG-Aufsichtsrat zunehmend gedroht wurde: Man werde geschlossen zurücktreten, sollte dem Kontrollgremium ein neuer Vorstand quasi aufs Aug gedrückt werden. Pröll musste erkennen: So ein Debakel würde er politisch kaum durchstehen.

Jetzt haben sich alle wieder beruhigt. Und damit ist die Zeit für Plan B gekommen: Nur nicht hudeln, lautet jetzt die Devise.

Michaelis soll noch so lange an der Spitze der ÖIAG bleiben, bis der AUA-Verkauf abgewickelt ist – um nicht noch weitere Unruhe in den ohnehin heiklen Deal zu bringen. Das bietet der Koalition auch genügend Zeit, um die Sache echt generalstabsmäßig über die Bühne zu bringen. Will heißen: Dieses Mal soll die Industriellenvereinigung ins Boot geholt werden. Sie soll in die Auswahl der geeigneten Köpfe eingebunden werden, um einen neuerlichen Eklat zu verhindern. Dadurch könnte sie auch, so die Strategie, auf den ÖIAG-Aufsichtsrat einwirken, der ja letztlich den Vorstand bestellt. Die Rochade könnte dann also recht manierlich – ohne Änderung des ÖIAG-Gesetzes – vonstattengehen.

Das Ganze soll dann überhaupt unter dem Deckmantel „ÖIAG neu“ passieren: In den nächsten Monaten wird klar sein, wie viel Geld die österreichischen Banken tatsächlich aus dem (in der ÖIAG angesiedelten) Bankenhilfstopf benötigen werden. Dann wird die ÖIAG wohl auch Garantien für Unternehmensanleihen von Konzernen übernehmen – oder sich sogar im Worst Case an Unternehmen beteiligen.

Eine neu aufgestellte ÖIAG – da lässt sich ein neuer Vorstand natürlich schon viel besser argumentieren.

Natürlich wird Michaelis dann durch zwei Vorstände ersetzt werden. Wer die Glücklichen sein sollen, ist hingegen noch völlig offen. Klar ist nur, dass es die bisher Genannten nicht sein werden: Christoph Matznetter soll mittlerweile absolut chancenlos sein, weil er in der Industriellenvereinigung den Beinamen „Verstaatlichtenfreund“ trägt.

Auf „schwarzer“ Seite hat der neuerdings gern genannte Flughafen-Vorstand Christian Domany auch keine wirklich guten Karten in der Hand. Der will sich beruflich zwar liebend gern verändern, hat aber in der Industriellenvereinigung ordentlich an Image eingebüßt: Der geplante neue Flughafen-Terminal Skylink leidet unter massiver Kosten- und Terminüberschreitung – für den Flughafen-Finanzvorstand kein glänzendes Renommé. Aber Domany soll ohnehin eher auf einen Job in der ORF-Chefetage spitzen.

Dafür soll Markus Beyrer beste Chancen auf den ÖIAG-Job haben. Beyrer ist Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Und so schließt sich der Kreis.

Auf einen blick

ÖIAG-Chef Peter Michaelis ist im Zuge des AUA-Verkaufs wiederholt massiv kritisiert worden: Der Verkaufsprozess sei zu spät gestartet worden, heißt es. Auch das Faktum, dass letztlich nur die Lufthansa als Bieter übrig geblieben ist, wird ihm angekreidet. In der Regierung wird schon an seinem Abschied gebastelt. Der soll nach dem AUA-Verkauf erfolgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2009)

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