EU-Staaten geht das Geld aus - Brüssel eröffnet Defizit-Verfahren

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Staatliche Hilfspakete für Banken sowie konjunktur-belebende Maßnahmen kosten so viel Geld, dass es den Staaten der EU schon bald ausgehen könnte. Brüssel plant schon erste Defizitverfahren.

Die Mitgliedsstaaten der EU werden 2009 und 2010 rund drei bis vier Prozent ihres Bruttonlandsproduktes für Konjunktur- und Hilfspakete ausgeben. Wenn sie es noch können: Denn ein vertraulicher Bericht des Wirtschafts- und Finanzausschusses der EU warnt davor, dass den Staaten schlicht das Geld dafür ausgeht, wie die "Financial Times Deutschland" berichtet.

BIP

Das Brutto-Inlands-Produkt ist die Summe aller Wertschöpfungen innerhalb einer Volkswirtschaft. Es entsteht aus der Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen der einzelnen Betriebe. Steuern werden addiert, Subventionen abgezogen. Ein stark vereinfachtes Beispiel: Ein Importeur kauft eine Ware X um 15 Euro. Er verkauft sie um 18 Euro an einen Großhändler. Dieser verkauft sie um 21 Euro an einen Einzelhändler. Dort kauft sie ein Konsument um 26 Euro. Hier wurden 3+3+5 = 11 Euro Wertschöpfung erzielt, das BIP stieg dadurch um elf Euro

Bürger werden mehr fordern als geht

Der WFA-Bericht weist auf einen Teufelskreis hin: Die vollen Auswirkungen des Abschwungs auf Wachstum und Beschäftigung würden nun bald sichtbar. Daher müssten die Bürger der EU überzeugt werden, dass die Hilfs- und Konjunkturprogramme der Staaten mit der Zeit Ergebnisse bringen. Gelingt das, würden die Bürger mehr Pakete fordern - jedoch sei der finanzielle Handlungsspielraum der Staaten stark reduziert.

Konkret werde das Haushaltsdefizit 2010 ein Niveau von 4,8 Prozent des BIP erreichen - der höchste Wert seit 15 Jahren. Die Maastricht-Obergrenze, also die Teilnahmebedingung am Euro als Währung, liegt aber bei drei Prozent. Wird dies überschritten, so droht ein Defizitverfahren:

Die ersten Defizitverfahren kommen

Die EU-Kommission will in der kommenden Woche Defizit-Verfahren gegen mindestens sechs EU-Länder eröffnen. Konkret betroffen seien

  • Irland
  • Griechenland
  • Spanien
  • Frankreich sowie die nicht zum Eurogebiet gehörenden Länder
  • Lettland und
  • Rumänien.

Alle Staaten überschritten nach Zahlen der EU-Kommission bereits im vergangenen Jahr die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent. In allen Fällen droht im laufenden Jahr eine Verschlimmerung der Lage. Brüssel sehe sich deshalb zum Eingreifen verpflichtet. Nach früheren Angaben von EU-Währungskommissar Joaquin Almunia will er sich am 18. Februar zur Haushaltslage in den Mitgliedstaaten äußern.

Stabilitätspakt ohnehin schon aufgeweicht

Wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise handhabt die Kommission den Euro-Stabilitätspakt flexibler und gibt den Staaten mehr Spielraum bei der Haushaltssanierung. In letzter Konsequenz drohen bei den Verfahren für Euro-Länder hohe Bußen, die Milliardenhöhe erreichen können.

(Red.)

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