In Linz haben sich die Zahlen vervierfacht. Selbst in Kirchdorf, dem Heimatbezirk des neuen Linzer Weihbischofs Wagner, stiegen die Austritte. Als Grund nennen viele die Bestellung Wagners.
Die oberösterreichischen Behörden verzeichnen seit vergangener Woche eine Austrittswelle aus der Katholischen Kirche. Bei der Diözese Linz bestätigte man, dass die bisher vorliegenden Zahlen "außergewöhnlich hoch" seien. In E-Mails würden viele Gläubige ihren Austritt mit der Ernennung Gerhard Maria Wagners zum Weihbischof begründen und den Papst wegen der Öffnung zu den Levebvre-Bischöfen kritisieren.
In der Stadt Linz traten laut "ORF Oberösterreich" vergangene Woche 110 Katholiken aus, das sind fast viermal so viele wie im Vergleichszeitraum 2008, in dem 28 Personen der Kirche den Rücken kehrten. Im Bezirk Urfahr-Umgebung langten vergangene Woche 31 ausgefüllte Austrittsformulare ein, im Vorjahr waren es im Vergleichszeitraum nur sechs. Im Bezirk Vöcklabruck sind seit Jahresbeginn 80 Menschen ausgetreten, fast doppelt so viele wie in den ersten sechs Wochen des Vorjahres. Ein ähnliches Bild wird aus vielen anderen Bezirken gemeldet. Auch in Wagners Heimatbezirk Kirchdorf ist die Zahl der Austritte geringfügig gestiegen.
Gründe: Wagner und Piusbrüder
Generell sei die Zahl der Kirchenaustritte zu Jahresbeginn höher, weil die Mahnungen für den Kirchenbeitrag ausgeschickt werden, hieß es etwa beim Magistrat Wels. Ferdinand Kaineder, Leiter des Kommunikationsbüros der Diözese Linz, will die Austrittwelle aber nicht auf den Jahreswechsel schieben, denn einerseits stehe die große Kirchenbeitrags-Vorschreibung erst bevor, andererseits würden viele Gläubige per E-Mail ihren Austritt ankündigen und begründen: "Der ausgedruckte Stapel ist mittlerweile fünf Zentimeter hoch."
Als häufigste Gründe würden die Bestellung Wagners vor eineinhalb Wochen sowie die Öffnung der Kirche hin zur Pius-Bruderschaft, der auch Holocaust-Leugner Richard Williamson angehört, genannt. Das Kirchenvolk sei irritiert angesichts der aktuellen Ereignisse, sieht Kaineder durchaus Parallelen zur Reaktion der Gläubigen nach der Bestellung Hans-Hermann Groers oder Kurt Krenns.
Schönborn und Kapellari rufen zur Einheit auf
Der Grazer Bischof Egon Kapellari hat in einem Hirtenwort zur Einheit in seiner Diözese aufgerufen und vor "simplen Schwarz-Weiß-Malereien" gewarnt. Ein "triumphierend militanter Ton von links oder rechts" garantiere zwar Aufmerksamkeit in den Medien, vermindere aber kein Problem, auch wenn von kirchlich Verantwortlichen Fehler gemacht worden sind.
Auch Kardinal Christoph Schönborn hat die Mitarbeiter der Erzdiözese Wien in seinem Leitartikel in der aktuellen Ausgabe von "thema kirche" ermutigt, nicht zu resignieren, sondern die Krise als Chance zu sehen werden. Schönborn spricht von "Vorgängen, die Kopfschütteln, Trauer, Empörung und Unverständnis auslösen". Zugleich betont der Wiener Erzbischof aber auch: "Krisen sind immer Momente, in denen Entscheidungen fällig werden, Klärungen sich als notwendig erweisen. Krisen können Chancen sein, keine bequemen, keine leidfreien, aber doch im Endeffekt heilsame, auch wenn das inmitten der Krise noch nicht gesehen wird."
(APA/Red.)