Terror-Prozess endet erneut mit Schuldsprüchen

WIENER TERRORPROZESS: MOHAMED M.
WIENER TERRORPROZESS: MOHAMED M.(c) APA (Robert Jaeger)
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In den Schlussplädoyers forderte der Staatsanwalt einen Schuldspruch für Mohamed M. - erfolgreich. Die früheren Urteile - vier Jahre für ihn, 22 Monate für Mona S. - wurden bestätigt, sind aber noch nicht rechtskräftig.

Im Wiener Straflandesgericht ist am Donnerstag nach sechs Verhandlungstagen der zweite Prozess gegen das Islamisten-Paar Mohamed M. und Mona S. abgeschlossen worden. Die Urteile des letzten Prozesses, vier Jahre für Mohamed M. und 22 Monate für seine Ehefrau Mona S., wurden bestätigt. Es sind exakt die gleichen Urteile wie nach dem ersten Rechtsgang. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Verteidiger Lennart Binder meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Die beiden sollen laut Anklage Propaganda für die al-Qaida betrieben und sich damit im Rahmen eines terroristischen Netzwerks betätigt haben. "Wir sind keine Terroristen", hatte der 23-Jährige in seinem Schlusswort versichert, wobei ihm Tränen in die Augen getreten waren. Nach der Urteilsverkündung fragte der Angeklagte die Geschworenen: "Warum haben Sie mir nicht gleich zehn Jahre gegeben?"

Die Geschworenen berieten sieben Stunden lang über das Urteil. Sie kamen auch in der Neuauflage einstimmung zum Schluss, dass sich sowohl Mohamed M. als auch Mona S. in einer terroristischen Vereinigung betätigt und an einer kriminellen Organisation mitgewirkt hatten.

"Ich hab morgen keine Zeit"

Mona S. durfte aufgrund ihrer Verschleierung die Urteilsverkündung nicht im Gerichtssaal mitverfolgen. Sie erwartete den Wahrspruch der Geschworenen vor der Türe. Das Ergebnis teilte ihr ihr Anwalt nach Schluss der Verhandlung mit. Das Angebot der vorsitzenden Richterin, die der 22-Jährigen am Freitagmorgen eine ausführliche Rechtsbelehrung erteilen wollte, schlug Mona S aus: "Ich habe morgen keine Zeit."

Mohamed M., der von zwölf Justizwachebeamten bewacht wurde, blieb während der Urteilsverkündung völlig ruhig. Im Vorfeld hatte er die Geschworenen eindringlich um die Chance ersucht, "zu beweisen, dass ich und meine Frau keine Terroristen sind". Sollte es zu einer Verurteilung kommen, "ist unser Leben vorbei".

Dem 23-Jährigen wurde vor allem die Verbreitung eines Drohvideos im Internet, in dem Deutschland und Österreich zum Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan aufgefordert wurden, und das Aufrufen zum Dschihad sowie zu Anschlägen während der Fußball-Europameisterschaft zum Vorwurf gemacht. Seiner Frau, die aufgrund ihrer Verschleierung von der gesamten Verhandlung ausgeschlossen blieb, wurden Übersetzer-Dienste angelastet.

Staatsanwalt: "Schuldspruch unumgänglich"

"Ein Schuldspruch ist unumgänglich", hatte Staatsanwalt Christian Walzi in seinem Schlussvortrag festgestellt. Für ihn war erwiesen, dass Mohamed M. die ihm angelasteten Delikte - Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, Beteiligung an einer kriminellen Organisation, Nötigung der Bundesregierung, versuchter schwerer Nötigung und Aufforderung bzw. Gutheißung einer mit Strafe bedrohten Handlung - begangen habe. Er habe sich seit März 2007 in der Globalen islamischen Medienfront" (GIMF) betätigt, die Walzi als "verlängerten Arm der al-Qaida" bezeichnete.

"Diese Position hat seinem Ego geschmeichelt", sagte der Staatsanwalt. Dem Angeklagten sei es "um das Geld, das Prestige" gegangen. Er habe sich erwartet, mit seiner propagandistischen Tätigkeit ins Verdienen zu kommen. Auf Mona S. ging der Ankläger in seinem Plädoyer nicht näher ein.

Verteidiger: Rechtfertigung für Online-Fahndung

Verteidiger Lennart Binder bezeichnete das Strafverfahren als Versuch, "missliebige Leute, die man nicht mag, die einem vielleicht nicht sympathisch sind, einsperren zu können". Der gesamte Prozess diene dazu, die polizeilichen Ermittlungsmethoden nachträglich zu rechtfertigen. Die Polizei habe "wahrscheinlich gegen besseres Wissen einen Terrorverdacht konstruiert, um die in diesem Fall erstmals eingesetzte Online-Fahndung, für die es keine rechtliche Grundlage gab, zu rechtfertigen", so Binder in seinem Schlussvortrag.

Mohamed M. und Mona S. sind bereits im vergangenen März von einem Wiener Schwurgericht in vollem Umfang der Anklage zu vier bzw. 22 Monaten Haft verurteilt worden. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat Ende August die Urteile wegen formaler Mängel aufgehoben. Eine Neudurchführung des Verfahrens wurde angeordnet, das am 12. November gestartet wurde.

U-Haft wird angerechnet

Bei der Strafbemessung war bei beiden Angeklagten ihre bisherige Unbescholtenheit mildernd. Bei Mona S. berücksichtigten die Richter auch, dass sie im Tatzeitraum noch keine 21 war. Beiden wurde die U-Haft auf die verhängten Strafen angerechnet. Mona S., die vom 12. September 2007 bis zum 8. Oktober 2008 in U-Haft gesessen war, dürfte damit auf freiem Fuß bleiben: Als bisher nicht Vorbestrafte ist es unwahrscheinlich, dass sie mehr als die Strafhälfte tatsächlich absitzen muss.

(APA/Red.)

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