Islamlehrer bestreitet Vorwürfe

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Jener islamische Lehrer, der antisemitische Flugblätter verteilt haben soll und entlassen wurde, weist die Vorwürfe zurück. Schüler sollen Flugblätter mitgebracht haben – Lehrer tritt dennoch ab.

WIEN. Hat er nun Flugblätter mit Boykottaufrufen angeblich jüdischer Unternehmen in die Schule mitgebracht oder nicht? Jener Islamlehrer, der wegen antisemitischer Ausfälle im Religionsunterricht mit einem Unterrichtsverbot belegt wurde, soll genau das bestreiten. Gegenüber dem „Muslimischen Lehrerverein Wien“ soll er versichert haben, dass die Flugblätter von Schülern stammten.

„Er ist ganz verzweifelt und fühlt sich verfolgt“, erklärte ein Sprecher des Vereins gegenüber der APA. Im Unterrichtsministerium und im Stadtschulrat geht man hingegen davon aus, dass der Mann seine Schuld eingestanden hat – als Beleg dafür betrachtet man die Unterschrift des Lehrers unter einer Weisung, die Pädagogen politische Agitation im Unterricht untersagt. Er habe damit „die Einsicht in sein Fehlverhalten dokumentiert“, heißt es aus dem Stadtschulrat.

Als einsichtig betrachtet man den Lehrer auch in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ): „Der Lehrer hat von sich aus entschieden, nicht mehr im Unterricht beschäftigt zu sein“, sagt Sprecherin Carla-Amina Baghajati zur „Presse“. Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich gelöst.

Kein Disziplinarverfahren

Mit dem Rückzug des Pädagogen erübrigt sich auch das Disziplinarverfahren, das die IGGiÖ angekündigt hat. Dennoch will man den Vorfall „lückenlos aufklären“, um Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen, so Baghajati. Denn so etwas dürfe nie mehr vorkommen. Dass der Lehrer bestreitet, die Boykottaufrufe in die Schule gebracht zu haben, bedeute nicht, dass nicht trotzdem etwas „schiefgelaufen“ sei. Denn sobald derartiges Material im Unterricht auftaucht, seien die Pädagogen gefordert, mit den Schülern darüber zu sprechen und aufzuzeigen, „dass das katastrophal ist“. Der Vorfall habe in jedem Fall einen Nachdenkprozess ausgelöst. In der Lehrerschaft herrsche nun vor allem der Wunsch vor, das Bild des Islamunterrichts in der Öffentlichkeit wieder zurechtzurücken.

Weniger nachdenkliche, sondern eher kämpferische Töne kommen dagegen von dem vor einigen Wochen gegründeten „Islamlehrerkomitee“, dem Pädagogen aus Wien und Niederösterreich angehören. Diese Organisation plant nämlich, eine Gewerkschaft für islamische Religionslehrer zu gründen, um ihre Rechte gegenüber Glaubensgemeinschaft und Schulaufsicht besser wahrnehmen zu können. Das Komitee sieht in der bisherigen Zusammenarbeit „eine Menge Defizite“, so Sprecher Karim Bouralem. Er zweifelt zudem die Ergebnisse jener Studie an, laut der viele Islamlehrer die Demokratie mit dem Islam für nicht vereinbar halten: Viele Fragen seien suggestiv gestellt worden.

Weitere Suspendierungen?

Mouhanad Khorchide, Verfasser der Studie, glaubt indes, dass es noch zu weiteren Suspendierungen von Religionslehrern kommen wird. Allerdings, so der Soziologe und Islamwissenschaftler, werde das weniger wegen politischer Agitation geschehen – sondern wegen Sprachdefiziten.

Auf einen Blick

Vorwurf: Ein islamischer Religionslehrer soll in einer Wiener Schule Flugblätter mit Boykottaufrufen gegen angeblich jüdische Unternehmen verteilt haben. Das Unterrichtsministerium sprach daraufhin ein Unterrichtsverbot gegen ihn aus. Am Freitag zog sich der Pädagoge schließlich freiwillig zurück – bestreitet aber die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2009)

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