Misshandelter Lehrer: Polizei bedauert Verwechslung

Misshandelter Lehrer Michael B.
Misshandelter Lehrer Michael B.(c) APA (Kurier / Boroviczeny)
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Ein US-Lehrer wurde offenbar mit einem Drogendealer verwechselt und von Polizisten schwer verletzt. Sein Anwalt erstattet Anzeige wegen Körper-Verletzung und Amtsmissbrauch.

Der amerikanische Lehrer Michael B. erhebt schwere Misshandlungsvorwürfe gegen die Wiener Polizei und geht damit auch vor Gericht: "Ich bin beauftragt worden, juristische Schritte einzuleiten", sagte sein Anwalt Alexander Hofmann. Er nannte zunächst eine Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat wegen einer Verletzung polizeiinterner Richtlinien. Michael B. sei - unabhängig von einer offensichtlichen Verwechslung - unmenschlich und erniedrigend behandelt worden. "Die Beamten haben nach Angaben meines Mandanten nicht einmal ihre Dienstmarke hergezeigt, sondern sich gleich auf ihn gestürzt und ihn niedergerungen", sagte der Anwalt.

Außerdem erstattet der Anwalt eine Anzeige wegen Körperverletzung und wegen Amtsmissbrauchs. Er habe am Freitag die Staatsanwaltschaft eingeschaltet in der Hoffnung, Videoaufzeichnungen der Szenen zu erhalten. Allerdings seien wegen spezieller technischer Gegebenheiten in der U-Bahnstation Spittelau keine Aufzeichnungen verfügbar, sagte Hofmann. Er bittet Zeugen, sich bei ihm zu melden.

Polizei bedauert Verwechslung

Die Staatsanwaltschaft habe zum Büro für besondere Ermittlungen (BBE) der Bundespolizeidirektion Wien Kontakt aufgenommen, betonte Anwalt Hofmann. Wenn sich die Vorwürfe als wahr erweisen, wird auch eine Amtshaftungsklage wegen zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche eingebracht. Dabei geht es auch um Schmerzensgeld.

In einer Aussendung drückte die Wiener Polizei ihr Bedauern für die Verwechslung aus. Man habe versucht, Michael B. zu erreichen, um sich zu entschuldigen, das sei aber nicht gelungen. Grundsätzlich seien Verwechslungen von Personen mit ähnlicher Statur, Kleidung, etc. nicht auszuschließen, hieß es. Der eigentlich gesuchte mutmaßliche Dealer, den die Polizei verfolgte, hatte sich im selben U-Bahn-Waggon befunden wie Michael B. und sei nach einem Fluchtversuch gefasst worden, teilte die Bundespolizeidirektion mit.

Michael B. noch im Krankenhaus

Michael B. ist wegen einer offensichtlichen Verwechslung mit einem Drogendealer nach eigenen Angaben am Mittwoch vergangener Woche in der U-Bahn-Station Spittelau von zwei Polizisten in Zivil mit Fäusten geschlagen und auf dem Boden fixiert worden. Der Sport- und Englischlehrer, der an der Vienna International School (VIS) unterrichtet, erlitt dabei Wirbelverletzungen und Verstauchungen. Er befindet sich wegen Prellungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seit Samstag im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus und wird stationär behandelt, erklärte die ärztliche Leitung des Spitals. Der Lehrer sei wegen seinen Verletzungen bereits am Mittwoch dort untersucht worden und habe das Krankenhaus drei Tage später wegen Schmerzen erneut aufgesucht. Am Montag oder Dienstag dürfte er entlassen werden.

Bei der Wiener Staatsanwaltschaft war der Ermittlungsakt bis Montagvormittag nicht eingelangt, zu den Vorwürfen gab es daher vorerst keine weiteren Informationen. Wie bei allen Verdachtslagen gegen Polizeibeamte aus dem eigenen Sprengel würde der Akt allerdings unverzüglich an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet und dort einer anderen Anklagebehörde zugewiesen, kündigte Sprecher Gerhard Jarosch an.

ai-Kritik an Polizei

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) übt scharfe Kritik: "Offensichtlich ist das für die Polizei völlig klar: 'Schwarz' ist gleich 'Drogendealer'", sagte Generalsekretär Heinz Patzelt. Abgesehen davon sei es "ganz sicher unverhältnismäßig und massiv irritierend", wenn ein Verdächtiger von Beamten in Zivil zuerst körperlich angegriffen und fixiert würde, bevor sie sich als Polizisten zu erkennen geben.

Sollten sich die Beamten so verhalten haben wie von dem Lehrer geschildert, zweifelt Patzelt an der Verhältnismäßigkeit der Amtshandlung. "Selbst wenn es sich um einen Verdächtigen handelt, stellt sich mir die die Frage, ob das angemessen war. Wenn der Verdächtige sich überhaupt nicht wehrt, warum wird er mit Körpergewalt zu Boden gebracht und fixiert?"

(APA)

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