Krisentreff der Bischöfe: Sechsstündige Beratungen im Wiener Erzbischöflichen Palais.
WIEN (ewi). Sechs Stunden berieten die Diözesanbischöfe und Militärbischof Christian Werner am Montag in Wien die aktuelle Situation und unterzeichneten schließlich einen zwei Seiten umfassenden Hirtenbrief. Bei der anschließenden Pressekonferenz gaben sich Kardinal Christoph Schönborn und der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Ägidius J. Zsifkovics, sichtbar entspannt – wenn auch in der Botschaft selbst die Rede davon war, dass auch die Kirche selbst Fehler gemacht habe.
Welche Fehler? „Das Verfahren der Auswahl der Kandidaten für ein Bischofsamt ist ein sehr gründliches und bewährtes“, sagt Schönborn, „man soll es immer vermeiden, das Verfahren nicht in seiner vollen Länge durchzuziehen.“ Zuvor wurde bei der Pressekonferenz ein Papier über die Bestellung der Bischöfe verteilt. In diesem ist sehr wohl ein Dreiervorschlag des zuständigen Diözesanbischofs vor der Bestellung eines Weihbischofs vermerkt, die Empfehlung des Metropoliten und die zentrale Rolle des Nuntius. Aber die Ernennung eines für geeignet befundenen Kandidaten erfolge dennoch frei durch den Papst.
Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz und Schönborn selbst haben sich in dem Verfahren also offensichtlich nicht für Gerhard Maria Wagner, den Pfarrer aus Windischgarsten, ausgesprochen. Wobei Schönborn noch hinzufügt, dass er über Wagner nichts sagen könne, da er ihm noch nie persönlich begegnet sei. Die Vorgangsweise der Bestellung Wagners, so der Wiener Erzbischof, sei nicht falsch gewesen, „sagen wir: Es war ein verkürzter Vorgang.“
Dass es noch am Montag Berichte aus dem Vatikan gegeben habe, Benedikt XVI. habe Wagners Rücktritt nicht angenommen, kann Schönborn nicht nachvollziehen. Nach seinem Wissensstand sei der Rücktritt angenommen worden, sagt er unter Berufung auf telefonische Gespräche mit dem Vatikan.
Linz macht eine Pause
Sieben TV-Teams, zahlreiche Fotografen und Journalisten beim Pressegespräch – alle wollten wissen, wie es nun weitergeht. „Wir müssen aus den Fehlern lernen“, heißt es in dem Hirtenbrief. Schönborn wünscht sich Arbeit in der Kirche und für die Kirche. Ob der Linzer Diözesanbischof nun um einen neuen Weihbischof ansuchen werde, könne er nicht sagen. Bischof Ludwig Schwarz teilte wiederum in einer Aussendung mit, dass er vorerst keinen Antrag stellen werde. „Jetzt machen wir einmal Pause“, sagte er nach Abschluss der Krisensitzung.
Eine Beruhigung der Krise kann der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner nicht sehen. „Was wir brauchen, ist ein ordentlicher Dialogprozess“, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. Dies sei gerade in der oberösterreichischen Diözese vordringlich, da dort eine kleine konservative, aber lautstarke Gruppe beheimatet sei. Dieser Dialogprozess, so der Pastoraltheologe, solle am besten unter dem Vorsitz der Diözese Linz ablaufen.
Die Ernüchterung würde aber in diesem Frühjahr mit der Veröffentlichung einer EU-weiten Wertestudie kommen, glaubt Zulehner. Denn schon das vor Kurzem publizierte Religionsmonitoring der Bertelsmann Stiftung habe für Österreich katastrophale Werte ergeben. „Die Jugend ist in der österreichischen Kirche einfach nicht vorhanden“, interpretiert Zulehner die Ergebnisse.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2009)