Steiermark: "Geiselnehmer" hatte keine Sprengfallen

COBRA - EINSATZ BEI VERMEINTLICHER GEISELNAHME IM MUERZTAL
COBRA - EINSATZ BEI VERMEINTLICHER GEISELNAHME IM MUERZTAL (c) APA (Markus Leodolter)
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Der 55-Jährige, der sich mit einer angeblichen Geisel in seiner Wohnung verschanzt hatte, verfügte nur über einige Flaschen Benzin. Er zeigte sich geständig und zufrieden über die jetzige Aufmerksamkeit.

Der Großeinsatz der Spezialeinheit Cobra Donnerstag früh in St. Marein im Mürztal hat sich als weniger gefährlich als angenommen erwiesen: Wie die Untersuchungen des Landeskriminalamtes ergaben, war das Waffenarsenal des 55-Jährigen vorgeblichen Geiselnehmers ziemlich harmlos, "Sprengfallen", "Molotowcocktails" und Gasflaschen wurden nicht gefunden.

Lediglich einige Flaschen Benzin, die er angeblich gegen sich selbst verwenden wollte, um eine Verhaftung zu vereiteln, seien laut Chefermittler Anton Kiesl sichergestellt worden. Die "Lanze", von der im Bericht des Einsatzkommandos die Rede war, sei ein "Stecken" mit untauglich befestigter Messerklinge gewesen, um die Türe zu verkeilen. Auch die Propangasflaschen, mit denen er das Haus in die Luft zu sprengen drohte, gab es nicht.

"Man muss immer vom Schlimmsten ausgehen"

"Die tatsächliche Gefährlichkeit kann man bei einem Zugriff in der Dunkelheit, wo alles in Sekunden passieren muss, schwer abschätzen", verteidigte der Sprecher der Sicherheitsdirektion, Maximilian Ulrich, die Darstellungen seiner Kollegen, wie sie diese kurz nach der Stürmung und Festnahme in einer improvisierten Pressekonferenz gegeben hatten: "Man muss immer vom Schlimmsten ausgehen." Zudem war ja vom Täter, der sich verbarrikadiert hatte, auch ein Feuerlöscher eingesetzt worden.

Als "nur leichte Reizung der Schleimhäute" stellten sich die Verletzungen einiger Cobra-Leute heraus. "Keine ernsthaften Verletzungen", hieß es, die nicht behandelt werden mussten.

Bei der Einvernahme durch die Kriminalisten zeigte sich der Droher geständig. Er habe das erreicht, was er erreichen wollte, nämlich Aufmerksamkeit, zeigte er sich laut Chefermittler Kiesl zufrieden. Der Mann habe sichtlich Gefallen an der Medienpräsenz gefunden und sei der Meinung, dass er nun die von ihm angeprangerte "korrupten Sachen von Justiz und Staatsanwaltschaft" aufdecken könne. Gleichzeitig habe er den Polizeibeamten bei seiner Festnahme vorgeworfen, "mit der korrupten Staatsanwaltschaft unter einer Decke" zu stecken.

Nach Einschätzung der Kriminalisten dürfte eine psychische Störung vorliegen, "wenngleich uns natürlich keine Diagnose zusteht". Der 55-Jährige wurde nach Abschluss der Einvernahme in die Justizanstalt Leoben eingeliefert.

Psychiatrisches Gutachten

Anschließend wird ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben, das entscheiden soll, ob es zu einer Anklage oder zu einem Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher kommen wird, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leoben, Walter Plöbst.

Sollte es zu einer Anklage kommen, könnten die Delikte "Landzwang" und "schwere Nötigung" angeklagt werden. Dabei ist die Drohung im Landzwang bereits enthalten: "Wer die Bevölkerung oder einen großen Personenkreis durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen in Furcht und Unruhe versetzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen", so der Paragraf 275 im österreichischen Strafgesetzbuch.

Möglich wäre auch eine Anklage wegen "Vortäuschung einer Straftat", was allerdings in diesem Fall nicht sehr wahrscheinlich ist, so Plöbst. Bei der Vortäuschung einer Straftat kommt es auch darauf an, ob sie mit einer Drohung verbunden ist.

Kosten im fünfstelligen Euro-Bereich

Das Großaufgebot der Exekutive - insgesamt waren 100 Leute bis zu 20 Stunden im Einsatz - dürfte sich rein kostenmäßig auf eine "jedenfalls fünfstellige Euro-summe" belaufen, rechnete Sicherheitsdirektion-Sprecher Ulrich vor. Dazu kämen auch noch starke Einheiten des Roten Kreuzes und Notärzte sowie Assistenzkräfte der Feuerwehr.

(APA)

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