Und wieder haben die Juden Schuld...

Replik auf „Der rationale Iran“, von Gerhard Mangott, 16. Februar.

Mit großem Eifer versucht Gerhard Mangott, die Bedrohung durch einen nuklear bewaffneten Iran kleinzureden. So landet auch er schließlich bei der sattsam bekannten Täter-Opfer-Umkehr, die aus den Verfolgten die Verfolger macht. Israel könne sich seiner Verantwortung nicht entziehen und solle einen Beitrag zu einer friedlichen Lösung mit dem Iran leisten, wozu die derzeitige Führung aber nicht fähig oder bereit sei.

Wenn es nach Mangott geht, sollen also die Israelis besser heute als morgen die Koffer packen. Denn nur so könnte für das iranische Regime eine friedliche Lösung aussehen. Seit dreißig Jahren huldigt das Regime in Teheran einem Antisemitismus, der ein konstitutives Element der Islamischen Republik bildet. Man fragt sich, warum der Iran Terrorgruppen wie Hamas und Hisbollah unterstützt, wenn die Vernichtung Israels nicht zur Leitlinie der iranischen Außenpolitik zählt. Aber vielleicht haben die Israelis nur Interpretationsschwierigkeiten, wenn, wie in der Hamas-Charta, offen zum Judenmord aufgerufen wird. Vielleicht verstehen sie Hassan Nasrallah, den Chef der Hisbollah, nur falsch, wenn er die Vernichtung Israels zur Vorbedingung eines jeden Friedens in Nahost erklärt.

Will Mangott ernsthaft, dass sich die Israelis darauf verlassen, dass das iranische Regime und seine Verbündeten ihre Vernichtungsdrohungen schon nicht so ernst meinen werden? Soll man sich gegenüber einem Regime auf Abschreckung verlassen, das nicht davor zurückscheute, die eigenen Kinder als lebende Minenräumkommandos auf die Schlachtfelder zu schicken, um als Märtyrer den Weg zu Allah zu finden; dessen Begründer Khomeini verlautbarte, der Iran könne ruhig untergehen, wenn nur der Islam den Sieg im Kampf gegen die Ungläubigen davontrage? Wie kann man nach der Erfahrung mit den Nazis die Vernichtungsdrohungen Ahmadinejads zum bloßen „Gefasel“ verniedlichen, wie Mangott es wiederholt tut? Und warum suggeriert er stets, die Vernichtungsdrohungen würden nur vom „ohnehin marginalisierten Präsidenten“ stammen, wo er doch wissen wird, dass dieser Präsident vom obersten geistlichen Führer Khamenei unterstützt wurde, und dass es von Khamenei als dem eigentlichen starken Mann im Iran ganz ähnliche Aussagen hinsichtlich Israels gibt?

Gefährliche Kombination

Es ist auffällig, dass der Vergleich mit anderen autoritären Staaten immer ins Feld geführt wird, wenn es darum geht, Geschäfte mit dem Iran zu rechtfertigen. Mangott scheint es völlig egal zu sein, mit wem man Verträge abschließt, sei es mit jenen, die die Gelder des Westens in den Krieg gegen ihn investieren, oder mit jenen, die den starken Staat nach innen repräsentieren. Russland kann sich bei allem autoritären Gehabe mit den jihadistischen Kräften im Nahen und Mittleren Osten nicht messen. Was das iranische Regime so gefährlich macht, ist die Kombination von apokalyptischem Märtyrertum, Antisemitismus und dem Streben nach der Technologie der Massenvernichtung. Dass man dabei auch ganz pragmatisch an die Sache herangeht, spricht nicht für die Rationalität des Regimes, sondern ist Zeichen dafür, mit welcher Beharrlichkeit das Regime seine Ideologie verfolgt.

Umfassende Sanktionen sind die letzte verbliebene friedliche Möglichkeit, um nicht jenen Albtraum Realität werden zu lassen, den ein nuklear bewaffneter Iran nicht nur für seine unmittelbare Nachbarschaft, sondern für die ganze Welt bedeuten würde. Konsequente Sanktionen könnten dem Regime den Geldhahn zudrehen und so das Nuklearprogramm stoppen. Notwendig wären sie insbesondere im Energiesektor, aber auch im Bankensektor, in dem Österreich die unrühmliche Rolle zugefallen ist, die Geschäfte anderer europäischer Geldinstitute weiterzuführen, nachdem sich diese aus dem Iran zurückgezogen haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2009)

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