Finanzhilfen: Viele Wege führen zum rettenden Ufer

Fünf mögliche Quellen, ein Fall ohne Präjudiz und Notfalltreffen als wahrscheinlichste Lösung.

WIEN (Reuters/p.m.).Experten sind zunehmend besorgt, dass osteuropäische Länder von der globalen Wirtschaftskrise so hart getroffen werden könnten, dass sie Hilfe von außen benötigen – vor allem von der Europäischen Union. Dadurch könnten etwa Banken gerettet und Währungen gestützt werden. Im Folgenden einige Möglichkeiten, woher Hilfen kommen könnten:

1 Wie kann die EU Nicht-Euro-Ländern helfen?

Die EU könnte diesen Ländern weitere Kredite über sogenannte mittelfristige Finanzhilfen gewähren. Das Vehikel sieht Hilfen für Länder vor, die „ernsthaft bedroht sind von Problemen in ihrem Haushalt, bei laufenden Ausgaben oder Kapitalbewegungen“. Dieser Hilfsfonds ist eigentlich zur Stabilisierung der Wirtschaft in EU-Ländern vor dem Beitritt zur Eurozone gedacht. Derzeit wird er aber bereits dazu genutzt, die ärmeren EU-Mitglieder in Ost- und Zentraleuropa vor den Auswirkungen der Finanzkrise zu schützen.

2 Welche Länder profitieren jetzt schon?

Der Fonds wurde gerade erst von zwölf auf 25 Milliarden Euro aufgestockt. Ungarn hat daraus 6,5, Lettland 3,1 Milliarden Euro als Teil eines umfassenderen Hilfspakets des Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. 15 Milliarden Euro stehen noch zur Verfügung. Nach Einschätzung von Diplomaten könnten Rumänien und Litauen die nächsten Kandidaten für eine Zuwendung sein. Österreich fordert, den Fonds auf 100 Milliarden Euro aufzustocken.

Das Vehikel ist nicht dazu gedacht, Banken zu retten oder direkt in die Wirtschaft einzugreifen. Jede Änderung des Bestimmungszwecks muss von den 27 EU-Ländern einstimmig gebilligt werden.

3 Welches Geld könnte die EU sonst nutzen?

Die EU-Kommission hat sich für die Auflage regionaler Hilfsfonds für osteuropäische Mitgliedsländer ausgesprochen. Dadurch könnten einige Milliarden Euro zusätzlich für heuer und für 2010 zur Verfügung stehen. Die EU peilt als Hilfen für diese Länder ein Volumen von 160 Milliarden Euro für den Zeitraum zwischen 2007 und 2013 an. Der Großteil des Geldes soll dabei projektgebunden ausgegeben werden, etwa für den Straßenbau. Die EU will nun den Anteil aus dem Topf ausweiten, der als Vorauszahlung für Projekte gewährt wird. Das Geld für die Fonds kommt aus dem EU-Budget von jährlich etwa 125 Milliarden Euro.

4 Kann die EIB Kredite aufstocken?

Die EU-Finanzminister, die zugleich die Gouverneure der Europäischen Entwicklungsbank (EIB) sind, könnten die Höhe der zu vergebenden Kredite an die krisengeschüttelte Region aufstocken. Die Bank ist das EU-Vehikel für die Kreditvergabe. Sie finanziert ein breites Spektrum an Projekten, vor allem in der Infrastruktur. Die EU hat 2008 entschieden, das EIB-Kapital aufzustocken. Damit könnte jetzt das Kreditvolumen ausgeweitet werden.

5 Oder kann die EBRD helfen?

Die EU ist ein Anteilseigner an der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die in Unternehmen in Zentral- und Osteuropa investiert. Die Bank hält Anteile an etwa 100 Finanzinstitutionen der Region und ist Kreditgeber für weitere 200. Die EBRD hat ihre Investitionen 2009 von sechs auf sieben Milliarden Euro ausgeweitet und die erklärte Absicht, jeder überlebensfähigen Bank der Region beizustehen. Der rumänischen Banca Transilvania hat sie auf direktem Weg 100 Millionen Euro geliehen. Zudem war sie an Gesprächen zur Stärkung des Kapitals bei der lettischen Parex Banca beteiligt.

6 Welche Möglichkeiten der Hilfe gibt es sonst?

Jedes einzelne EU-Mitgliedsland kann Kredite, Kapitalspritzen oder Garantien bereitstellen. Dies würde dann außerhalb der EU-Rechtsstrukturen geschehen. Allerdings könnten natürlich EU-Treffen zu Verhandlungen über Hilfen genutzt werden.

7 Was passiert mit Banken in Nicht-Euro-Ländern?

Sollte die Tochter einer westeuropäischen Bank in einem Nicht-Euro-Land bedroht sein, würde Neuland betreten. Es gibt kein festgelegtes EU-Vorgehen dafür. Eine Expertengruppe unter dem ehemaligen französischen Zentralbanker Jacques de Larosière arbeitet an einem Bericht für die EU-Kommission, der nächste Woche vorgelegt werden soll.

8 Notfalltreffen – wie bei allen Bankenrettungen?

EU-Kreisen zufolge ist das wahrscheinlichste Szenario bei einem drohenden Kollaps, dass so wie bei anderen der jüngsten Bankenrettungen – etwa bei Fortis oder Dexia – vorgegangen wird: Es gibt ein Notfalltreffen von Regierungsvertretern des Landes, in dem das bedrohte Institut sitzt, Regierungsvertretern aus dem Land des Sitzes der Mutter, Aufsichtsbehörden und Aktionären. Sie alle müssen sich dann darauf einigen, wer was abfedert. Regierungshilfen dürfen nicht gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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