Studie: „Banken im Osten brauchen 120 Mrd. Dollar“

World Bank President Zoellick
World Bank President Zoellick(c) REUTERS (KIERAN DOHERTY)
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Weltbank-Chef Robert Zoellick drängt die EU zu einem Hilfspaket für Osteuropas Bankensystem. 120 Mrd. Dollar seien nötig, um die Banken wieder ausreichend mit Kapital zu versorgen.

Wien. 120 Mrd. Dollar (95,3 Mrd. Euro) seien nötig, um die Banken in Osteuropa wieder ausreichend mit Kapital zu versorgen, sagte Weltbank-Präsident Robert Zoellick in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Nimmt man Russland, die Ukraine und die Türkei aus, fehlen den verbliebenen Ländern immer noch 40 bis 45 Mrd. Dollar zur Stützung ihres Finanzsektors.

Die UniCredit schätzte schon vor Wochen, dass Osteuropa mindestens 400 Mrd. Euro von außen benötige, um durch die Krise zu kommen – ohne klar zu sagen, ob das Geld für die Banken oder die Konjunktur erforderlich sei.

Österreichs Kreditinstitute, mit 230 Mrd. Euro an offenen Krediten die größten Kapitalgeber in der Region, hatten bisher eine andere und klarere Botschaft: Nicht den Banken müsse geholfen werden, sondern den Volkswirtschaften, so die einhellige Meinung heimischer Banker. Auch Finanzminister Josef Pröll wirbt längst nicht mehr für ein Osteuropa-Bankenhilfspaket. Ziel der Osteuropa-Initiative sei es, die Wirtschaft der Länder zu stützen, heißt es nun.

Krisenfonds für Schwellenländer

Konnten sich anfangs nur wenige EU-Länder für den 150 Mrd. Euro teuren österreichischen Vorschlag erwärmen, so schwindet der Widerstand nun zusehends. Wifo-Chef Karl Aiginger erwartet, dass es letztendlich zu einem Hilfspaket kommen wird, da auch kritische Staaten wie etwa Deutschland erkennen würden, dass sie stärker mit Osteuropa verflochten sind als bisher gedacht.

Robert Zoellick drängt Westeuropa unterdessen zur Eile. Den osteuropäischen Staaten müsse rasch und entschlossen bei der Sanierung ihres Bankensystems geholfen werden. Ohne fremde Hilfe können die Länder die erforderlichen 120 Mrd. Dollar nicht aufbringen, betont auch eine aktuelle Weltbankstudie. Den meisten Staaten fehle der Spielraum im Budget, um selbst Geld für Konjunkturpakete lockerzumachen, sagt Erika Jorgensen, Koautorin des „EU10 Regular Economic Report“.

Die Weltbank schlägt daher einen speziellen Krisenfonds für Schwellenländer vor, in den alle Industrieländer 0,7 Prozent aus ihren eigenen Konjunkturpaketen einzahlen sollen. Aus diesen Mitteln sollen die Wirtschaft angekurbelt und das Finanzwesen gestützt werden. Denn ohne stabile Banken gebe es keinen Aufschwung, sagt Zoellick. Kurzfristige Finanzspritzen würden ihre Wirkung rasch wieder verlieren.

Derzeit müsse man vor allem dafür sorgen, dass den betroffenen Ländern in Osteuropa der Geldhahn aus dem Westen nicht gänzlich abgedreht werde. „Ich hielte es für eine riesige Tragödie, wenn Europa wieder in zwei Teile auseinanderfallen würde. Das muss verhindert werden“, sagte der Weltbank-Chef.

Kapitalstrom versiegt

Profitierten die Staaten Osteuropas nach der Öffnung erheblich von der starken Verflechtung mit der westeuropäischen Wirtschaft, so macht sie laut Studie eben das nun verwundbar. Das Geld für den rasanten Aufschwung kam überwiegend aus dem Westen.

Doch Osteuropa blieb auf einem Schuldenberg sitzen. In ihrer besten Zeit schuldeten die Letten etwa 42 Prozent ihres BIP ausländischen Banken. Dieser Kreditstrom versiegt zusehends. Schon 2008 verringerte sich die Anzahl neuer Kredite in Lettland um drei Viertel.

Zudem brechen den Ländern nun auch die wichtigsten Exportmärkte in Westeuropa zusammen. So führte die Verflechtung diese Länder mit dem Euroraum in eine Abhängigkeit, aus der sie sich im Moment nicht alleine befreien können.

Die Volkswirtschaften seien zu jung und zu wenig widerstandsfähig, so die Studie. Die Autoren warnen Europa daher vor zu viel Protektionismus beim Schnüren nationaler Hilfspakete. Hilft die EU Osteuropa nicht, zerstöre sie damit die Früchte ihrer eigenen Arbeit.

auf einen blick

Die Weltbank fordert die EU auf, das osteuropäische Bankensystem rasch zu stabilisieren.

120 Mrd. Dollar seien notwendig, um die Kreditinstitute in Osteuropa (inklusive Russland, Ukraine und Türkei) zu rekapitalisieren – Geld, das die betroffenen Staaten selbst nicht aufbringen können.

Österreichs Banken betonen, dass nicht sie, sondern die Volkswirtschaften Hilfe nötig hätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2009)

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