Finanzexperte Doralt: "Österreich ist eine Steueroase"

Werner Doralt
Werner Doralt(c) (Michaela Bruckberger)
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"Das wird man schwerlich leugnen können", sagt Finanzexperte Werner Doralt. Die Politik sage nur die halbe Wahrheit. Er steht damit im Widerspruch zu Wifo-Chef Aiginger.

Auch wenn die heimische Regierungsspitze Österreich in der Diskussion um Steueroasen nicht betroffen sieht, ist Österreich eine Steueroase, sagte Werner Doralt vom Institut für Finanzrecht der Universität Wien heute, Dienstag, im Ö1-Mittagsjournal" des ORF-Radio. "Wenn die Steueroase dazu dient, um ein Einkommen einzelner Steuerpflichtiger, die es im Ausland erwirtschaften, vor ihrem heimischen Fiskus geheim zu halten, zu verstecken und sie das in Österreich erfolgreich tun können, dann ist Österreich insoweit natürlich eine Steueroase", so die allgemeine Definition laut Doralt. Nachsatz: "Das wird man schwerlich leugnen können."

Der Finanzexperte erinnerte in diesem Zusammenhang an die Umsätze österreichischer Banken, die im Kleinen Walsertal erwirtschaftet werden. Damals wurde öffentlich, wie viel von der Bilanzsumme einzelner österreichischer Banken im Kleinen Walsertal erwirtschaftet wird. "Also man müsste uns ja erklären, welchen Grund gibt es, dass insbesondere die Deutschen im Kleinen Walsertal so viel ihres Vermögens veranlagen", sagte Doralt.

Doralt: Politik sagt nur "halbe Wahrheit"

Die Politik, die das Bankgeheimnis verteidigen will, argumentiert wiederum damit, dass Ausländer ohnehin einer erhöhten Quellenbesteuerung unterliegen würden. Das sei nur die halbe Wahrheit, entgegnete Doralt. Die Quellensteuer ändere nichts daran, dass der Deutsche, der in Deutschland Einkommen erwirtschaftet hat, in Österreich "schwarz" veranlagen kann. Dieses Grundeinkommen könne er vor dem ausländischen Fiskus geheim halten - dass er für die Zinsen Quellensteuer zahle, sei etwas ganz anderes. "Insofern funktioniert das System und darauf beruht letztlich der Erfolg der österreichischen Banken", so der Professor für Finanzrecht.

Was die internationale Gemeinschaft konkret gegen Steueroasen unternehmen kann, ist nicht ganz klar. Politischen Druck kann sie jedenfalls ausüben, und zwar gerade jetzt, wenn sich Österreich um Hilfe und Schutz für die Banken in Osteuropa bemüht. Zumindest bei Ausländern sei das Bankgeheimnis nicht auf Dauer haltbar, meinte Doralt.

Wifo-Chef: "Österreich keine Steueroase"

Nowotny steht mit seiner Ansicht jedenfalls im Widerspruch zu Österreichs führenden Notenbankern, die sich wiederholt dagegen verwahrt haben, Österreich mit einer "Steueroase" gleichzusetzen. Auch Wifo-Chef Karl Aiginger hat am Montag Abend im ORF-Radio gleichfalls betont, dass das Land keine Steueroase sei. Das Bankgeheimnis sei etwas stärker ausgeprägt als in anderen Ländern, aber es gebe auch die Ausweispflicht bei Geldeinlagen, und Mithilfe bei Verfahren sei auch gegeben, so Aiginger.

Wann ein Land eine Steueroase ist und wann nicht - an dieser Grundsatzfrage scheiden sich die Geister. Auch die OECD, die seit Jahren eine schwarze Liste führt, tut sich schwer. Nach langen Diskussionen hat man sich auf 41 Länder geeinigt, deren Steuergesetzgebung offensichtlich nicht konform mit einem fairen Wettbewerb ist. Dass die Schweiz, Österreich, Belgien und Luxemburg mit ihrem Bankgeheimnis nicht auf der Liste stehen, ist bis heute umstritten. Derzeit sind lediglich Andorra, Liechtenstein und Monaco offiziell Steueroasen in Europa.

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