Islamlehrer wegen Kritik abgesetzt

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Der Lehrer El Ghoubashy schrieb kritische Kommentare über den Islamunterricht, die Glaubens-Gemeinschaft wirft ihn hinaus. Er wirft der IGGiÖ vor, sie könne nicht mit Kritik umgehen.

WIEN. Wieder ein islamischer Religionslehrer weniger. Dabei hat der Feldkircher Lehrer Aly El Ghoubashy keine Flugblätter mit Boykottaufrufen gegen Israel verteilt – Anfang Februar wurde deswegen ein Wiener Lehrer suspendiert –, sondern Kritik am islamischen Religionsunterricht und der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) geäußert. Unter anderem auch in einem Gastkommentar in der „Presse“.

Prompt entzog ihm die IGGiÖ die Lehrermächtigung. Begründung: El Ghoubashy habe die IGGiÖ „für unfähig erklärt“ und ihrem Ruf „mutwillig Schaden zugefügt“, so Präsident Anas Schakfeh in einem Brief an den Lehrer. Auch habe er die islamische Community „für gesellschaftsfremd und integrationsunwillig erklärt“. Und das könne man nicht hinnehmen, so Schakfeh. Fuat Sanac, zuständiger Fachinspektor der IGGiÖ, kritisiert im Gespräch mit der „Presse“ auch, dass El Ghoubashy politische Themen unterrichtet habe, die nichts mit dem Islamunterricht zu tun hätten.

El Ghoubashy, der im Hauptfach Bildnerische Erziehung unterrichtet, wirft hingegen der IGGiÖ vor, sie könne nicht mit Kritik umgehen. Er werde weiter islamische Religion unterrichten – mit dem Direktor sei das ausgemacht. „Mal schauen, was der Landesschulrat oder die Ministerin sagt.“

Rückendeckung bekommt der gebürtige Ägypter vom Grünen-Bildungssprecher Harald Walser, der El Ghoubashy als ehemaliger Direktor des Feldkircher Gymnasiums kennt: „Er ist ein fortschrittlicher Muslim, wie man es sich wünscht.“ Zwar gebe es Lehrer ohne Ausbildung und mit einem problematischen Verhältnis zu europäischen Werten, doch „mit El Ghoubashy trifft es den Falschen“, so Walser.

Kein Verständnis für Schakfehs Vorgehen hat auch Islamwissenschaftler und Soziologe Mouhanad Khorchide, der mit seiner Studie über Islamlehrer, nach der jeder Fünfte Demokratie ablehnt, im Jänner eine Debatte auslöste: „Solche Verhältnisse kenne ich sonst nur aus arabischen Ländern“, meint er. Das Bekenntnis zu Demokratie bedeute auch, Gegenstimmen Raum zu geben.

Die Glaubensgemeinschaft gerät damit weiter in Schieflage. Zuerst versuchte man, die Islamlehrerstudie zu diffamieren. Bei antisemitischen Ausritten eines Lehrers musste erst die Ministerin eine Suspendierung fordern. Nun zeigt man plötzlich Konsequenz – dann, wenn interne Kritik geübt wird.

Deutschtests für Islamlehrer laufen an

Indes sind die Deutschtests für islamische Religionslehrer teilweise schon angelaufen. Wie berichtet, werden die Kenntnisse der an österreichischen Schulen tätigen Islamlehrer bis Ende April überprüft. Zuständig ist der jeweilige Landesschulrat, das Unterrichtsministerium hat festgelegt, dass sie Deutsch zumindest auf dem Niveau B2 (Maturaniveau) können müssen, um weiter unterrichten zu dürfen. In Vorarlberg überprüfen die Schuldirektoren derzeit in „Gesprächen“ die mündlichen Kenntnisse der 22 Islamlehrer, schriftliche Tests sind nicht geplant. Noch keinen Zeitplan hat der steirische Landesschulrat. Am Mittwoch wurde beschlossen, nur einen (kleinen) Teil der 31 Islamlehrer zu schriftlichen und mündlichen Tests zu zitieren. Der Großteil der Lehrer habe in Österreich maturiert, „man kann also davon ausgehen, dass sie Deutsch auf Maturaniveau sprechen“, heißt es. In Wien, wo 169 der österreichweit 350 Islamlehrer beschäftigt sind, starten die Tests in Kürze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2009)

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