Schieszler werden Personalagenden entzogen

Der umstrittene Telekom-Manager muss sich herbe Kritik von Konzernchef Boris Nemsic gefallen lassen.

WIEN (p.m.). Die Festnetzsparte der Telekom Austria hatte gestern, Mittwoch, 742 offene Stellen. Schon bald könnten es 743 sein: Finanzvorstand Gernot Schieszler dürfte nach den Mobbing-Sagern gegen „Sesselkleber“ stark unter Druck kommen. Seine Zuständigkeit für Personalangelegenheiten musste er jedenfalls schon an den neuen Festnetzchef, Hannes Ametsreiter, abgeben. Der 38-jährige Schieszler ist nicht nur Finanzvorstand, sondern auch Stellvertreter von Ametsreiter.

„Aussagen sind ein Fehler“

Schieszler hatte, wie berichtet, auf dem „Capital Market Day“ am 29.Jänner in Wien Investoren erklärt, wie man bei der Telekom Austria mit Mitarbeitern umgehen wolle, die wegen des Beamtenstatus unkündbar sind und sich weigerten, finanziell lukrative Abgangsangebote („Golden Handshakes“) anzunehmen. Die Ankündigungen von Klagen gegen krankgemeldete, aber eigentlich gesunde Mitarbeiter und ähnliche Strategien wurden im O-Ton über die Internetplattform YouTube verbreitet. Das „Bedauern“ Schieszlers wurde per Intranet an alle Mitarbeiter verbreitet. Er meinte, missverstanden worden zu sein.

TA-Konzernchef Boris Nemsic sah das am Mittwoch so: „Die Aussagen von Schieszler sind ein Fehler, in Inhalt und Form“, sagte Nemsic vor der Bilanzpressekonferenz. Als „erste Maßnahme“ wandere die Verantwortung für Personalagenden an Festnetzchef Ametsreiter. Auch im Konzern seien „Human Ressources“ beim Vorstandsvorsitzenden, nämlich ihm, Nemsic, angesiedelt.

Noch gilt die gemeinsame Absichtserklärung von Vorstand und Personalvertretung, die im Dezember einen schweren Arbeitskonflikt beendet hatte. Darin sicherte der Vorstand zu, dass bis Ende 2010 ein Mitarbeiterabbau nur in beiderseitigem Einvernehmen stattfinden werde.

„Es gibt kein Mobbing“

Zum Inhalt der Schieszler-Aussagen meinte Nemsic: „Es gibt kein Mobbing bei der Telekom Austria.“ Um die korrekte Behandlung der betroffenen Mitarbeiter zu sichern, gebe es drei Vorkehrungen: Jeder habe einen Job-Coach, das Wiener Kriseninterventionszentrum sei beratend für die TA tätig, und der Sozialmediziner Michael Kunze sei gebeten worden, „alle Vorgänge rund um den Personalabbau“ zu bewerten.

Personalvertretung zufrieden

Die Personalvertretung der Telekom Austria TA AG, wie die Festnetzsparte sperrig heißt, begrüßt in einer Aussendung die Entscheidung des Vorstandes, Schieszler die Personalagenden zu entziehen. Sie hat als Konzession am Mittwoch beschlossen, die geplanten Arbeitsgruppen über die Erschließung zukünftiger Geschäftsfelder und Beschäftigungsmöglichkeiten wieder aufzunehmen. „Klar ist allerdings, dass der Vorstand sich nun umso mehr bemühen wird müssen, um das notwendige Vertrauen wieder zu erlangen“, sagte der oberste Personalvertreter, Michael Kolek.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2009)

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