Anas Schakfeh: Der alte Mann und die Macht

Anas Schakfeh
Anas Schakfeh(c) FABRY Clemens
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Anas Schakfeh ist kein Ideologe. Ihm geht es nur um Macht und Loyalität. Kommentar von Thomas Schmidinger.

Anas Schakfeh hat selbst den letzten Akt dieses Dramas eröffnet, das in der Geschichte schon in den verschiedensten Konstellationen aufgeführt wurde. Der Hauptdarsteller: Ein machthungriger alter Mann, der nicht einsehen will, dass seine (Amts-)Zeit abgelaufen ist, und der die Welt lediglich in loyale Freunde und widerspenstige Feinde einzuteilen gelernt hat. In den Nebenrollen: eine Gruppe von Profiteuren um den zunehmend weltfremder agierenden alten Mann, die ihn aber so lange halten, wie sie selbst noch von ihm profitieren können, eine stetig größer werdende Schar von Kritikern, die auch aus dem inneren Kreis stammen, jedoch bei der leisesten öffentlichen Kritik mit dem Bannstrahl des Herrschers belegt werden, und die Zuschauer, die den alten Mann am Anfang des Stückes als unumschränkten Sonnenkönig zu sehen bekommen hatten, während er sich vor ihren Augen immer mehr in eine Karikatur der Macht verwandelt.

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) hat es lange geschafft, der Öffentlichkeit weiszumachen, er wäre der unumstrittene Herr über 400.000 Muslime. Wer „den Islam“ nicht nur aus Funk und Fernsehen kannte, sondern mit realen Muslimen zu tun hatte, wusste schon lange, dass es sich bei diesem Bild um ein Potemkinsches Dorf handelte und die Mehrheit der Muslime in Österreich nicht einmal wusste, wer denn diese Glaubensgemeinschaft wäre, und sich lediglich ein Prozent der angeblich vertretenen Muslime auch an Wahlen für die Institutionen „ihrer“ Glaubensgemeinschaft beteiligt hatten. Schakfeh selbst ist kein Ideologe. Ihm geht es nur um Macht und Loyalität. Wer immer ihm diese entgegenbringt, ist sein Freund, wer Kritik übt, wird in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit zum Feind. Und loyal waren bisher eher autoritäre und politische islamische Organisationen, denn aufgeklärte Muslime kennen neben der Kategorie des loyalen Untergebenen und des bösartigen, hinterhältigen Feindes noch andere Rollen: etwa jene des Kritikers.

Endphase einer autoritären Herrschaft

Aly El Ghoubashy ist so ein Kritiker. Der Zeichen- und Religionslehrer ist kein Außenseiter in der islamischen Glaubensgemeinschaft, sondern ist Mitglied des Schura-Rates, einer Art „Parlament“ der Glaubensgemeinschaft, das Schakfeh kaum jemals zu einer Sitzung einberufen hat. Nachdem die Dissertation von Mouhanad Khorchide über den islamischen Religionsunterricht in Österreich bekannt wurde – auch er ist ein „Insider“, der in der Ausbildung von neuen islamischen Religionslehrern tätig ist –, wagte es auch El Ghoubashy, sich in „Presse“ und „Standard“ kritisch zur Rolle der IGGiÖ zu äußern. Zuletzt forderte er am 23.Februar in einem Gastkommentar „als Schura-Ratsmitglied“, dass das Bildungsministerium den „Islamunterricht an öffentlichen Schulen übernehmen sollte, denn die IGG scheint unfähig dafür zu sein“.

Während Schakfeh bei Antisemitismus bei islamischen Religionslehrern erst auf Schritte des Bildungsministeriums selbst reagiert, wurde gegen El Ghoubashy sofort eingeschritten. Zwei Tage später hielt der beliebte Religionslehrer den Entzug seiner Lehrbefugnis in Händen. Schakfeh bemühte sich nicht einmal, die Gründe zu kaschieren. In dem Schreiben ist als Begründung zu lesen, der Religionslehrer habe der IGGiÖ „mutwillig Schaden zugefügt“.

Kritiker aus den eigenen Reihen auf diese Art und Weise aus dem Weg räumen zu wollen gehört zum üblichen Verhalten in der Endphase einer autoritären Herrschaft. Im letzten Akt dieses alten Dramas lässt sich meist der Fall des Autokraten beobachten. Für Schakfeh ist es Zeit, endlich den Platz für Muslime zu räumen, deren Bildung und persönliche Integrität ausreicht, Kritik als wertvolle Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu begreifen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2009)

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