Opel: Der Staat als Retter von Rüsselsheim

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Opel(c) AP (Michael Probst)
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Der Staat, das heißt der Steuerzahler, soll einspringen, um den Autobauer vor dem Untergang zu bewahren. 3,3 Mrd. Euro braucht es für die GM-Abnabelung. Berlin ziert sich, die Debatte tobt.

Wien (red). Wir sind Opel: Mit viel Pathos will der Autobauer ganz Deutschland davon überzeugen, dass seine Rettung einen nationalen Kraftakt erfordert – und verdient. Der Staat, das heißt der Steuerzahler, soll einspringen, um den Autobauer vor dem Untergang zu bewahren. Die „Frankfurter Allgemeine“ formuliert es salopper: „Jeder Popel rettet Opel.“

Dabei sind nur noch die Marke und die Arbeitsplätze wirklich deutsch am hessischen „Blitz“. Seit 80 Jahren ist das Unternehmen eine Tochter des US-Konzerns General Motors, des todkranken Riesen. Die Patente, Teile der Entwicklung, die Machtzentrale – das alles liegt in Detroit.

Doch die Amerikaner sind bereit, die Nabelschnur nach Europa zu trennen, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Es geht um Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall. Für den schwedischen Saab kommt jede Hilfe zu spät: Die GM-Tochter musste bereits den Konkurs anmelden.

Am Freitag hatte GM Europe erklärt, wie die schwierige Wiedergeburt möglich sei. Aus der Adam Opel AG soll eine europäische Aktiengesellschaft werden, an der sich noch unbekannte Investoren, Händler oder auch Mitarbeiter beteiligen sollen. Ganz will man sich auch nicht trennen: Der Konzernverbund soll weiter bestehen, um Entwicklungskosten für neue Technologien zu sparen.

Eine Größenordnung von einer Mrd. Euro seien die Opelaner bereit und fähig einzusparen. Das wäre ihr Beitrag zur Sanierung, die bis 2011 abgeschlossen sein soll. Werkschließungen seien keine geplant, sehr wohl aber müssten Kapazitäten abgebaut werden und die Mitarbeiter Kürzungen hinnehmen. Denn dass auch Opel selbst, ganz unabhängig von GM, unter massiven Überkapazitäten leidet, steht außer Streit. Der Betriebsrat ist zu vielem bereit, intensive Verhandlungen laufen.

Doch das reicht nicht aus, heißt es aus Rüsselsheim. Wenn der Staat nicht als Hebamme agiert, wird aus der Notgeburt eine Totgeburt. 3,3 Mrd. Euro von der öffentlichen Hand werden als Überbrückungshilfe benötigt – durch Kredite, zumindest durch staatliche Bürgschaften. Alle Hilfen würden, so wird versichert, bis spätestens 2015 zurückgezahlt.

Bis Dienstag wird die Regierung zu den teuren Wünschen Stellung beziehen. In Interviews für diverse Sonntagszeitungen versuchten Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die euphorischen Erwartungen zu dämpfen.

Ist Opel „systemisch“ genug?

Sie stellen harte Bedingungen: Es muss genau geprüft werden, ob Opel ein grundsätzlich gesundes Unternehmen sei. Es muss ausgeschlossen werden, dass auch nur ein Euro indirekt in die USA zurückfließt. Und auch die Erhaltung von Opel-Werken außerhalb Deutschlands sei nicht die Aufgabe deutscher Steuerzahler.

Die Skepsis hat gute Gründe. Denn in den zweiten Reihen der Koalitionsparteien und in den Medien ist schon eine heftige Diskussion entbrannt, ob es überhaupt Aufgabe des Staates sein kann und darf, ein einzelnes Unternehmen zu retten.

Bis vor Kurzem herrschte noch Konsens darüber, dass dies nur bei großen, „systemischen“ Banken gerechtfertigt sei. Sie müssten auf jeden Fall gerettet werden, weil ohne sie das System der Realwirtschaft kollabiert.

Doch für SPD-Parteichef Müntefering ist auch Opel ein solches „systemisches“ Unternehmen. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier nennt dafür ein Kriterium: die vielen Zulieferbetriebe, die im Falle einer Pleite mit in den Abgrund gerissen würden.

Doch schon in den eigenen Reihen regt sich Widerstand. Aus dem konservativeren „Seeheimer Kreis“ heißt es, es sei der falsche Weg, wenn der Staat die Probleme von einzelnen Unternehmen löst. In dieses Horn bläst naturgemäß auch die heimische Konkurrenz am Automarkt: Für VW-Chef Martin Winterkorn dürfe der Staat nicht zur Rettungsgesellschaft für Firmen werden, „denen möglicherweise der Bankrott droht“. Rigoros äußert sich auch der einflussreiche Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: „Opel will sich auf Kosten der Allgemeinheit retten lassen. Doch den Staat geht das nichts an.“

auf einen Blick

Opel ohne GM: Der deutsche Autobauer will sich vom maroden US-Mutterkonzern General Motors trennen. Der Rettungsplan sieht eine Sanierung bis 2011 vor.
Opel nicht ohne den Staat: Das Überleben sei nur mit 3,3 Mrd. an öffentlichen Geldern möglich. Die Regierung entscheidet bis Dienstag. Bisher wurden in Deutschland nur systemrelevante Banken vom Staat gerettet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2009)

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