Österreichs Wirtschaft wächst nicht mehr

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Sowohl die Investitionen als auch der Außenhandel sind im dritten Quartal schwach ausgefallen.

Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet: Österreichs Wirtschaft ist im 3. Quartal gegenüber dem Vorquartal gar nicht mehr gewachsen. Schwach sind nach Angaben des Wifo von Donnerstag vor allem die Investitionen und der Außenhandel. Deshalb wuchs das BIP im 2. Quartal laut Neuberechnung auch nur 0,1 statt 0,2 Prozent.

Zuletzt war für Österreichs Wirtschaft für Anfang 2013 und Ende 2012 ein Stillstand des Wachstums vermeldet worden, damals herrschte fast Rezession. Vor einem erneuten Rückfall auf ein Nullwachstum hatten Ökonomen nun seit Wochen gewarnt. So erklärte Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek Ende September, er halte es für möglich, dass es in Österreich in den beiden Schlussquartalen kein Realwachstum gebe.

Schwacher Außenhandel

Laut Wifo-Angaben von Donnerstag sind die - zu Jahresanfang durch Nova-Erhöhungs-Vorzieheffekte gestiegenen - Bruttoanlageinvestitionen danach von April bis September eingeschränkt worden, sodass gegenüber der Vorperiode hier im 2. Quartal ein Minus von 0,5 Prozent und im 3. Quartal ein Rückgang von 1,1 Prozent zu Buche stand. Im 3. Quartal verloren sowohl die Ausrüstungsinvestitionen (-0,7 Prozent) als auch die Bauinvestitionen (-1,7 Prozent) merklich an Kraft, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut in einer Aussendung erklärte.

Auch die schwache Entwicklung im Außenhandel belastete dem Institut zufolge das Gesamtergebnis des 3. Quartals. Die heimischen Exporte im weiteren Sinne dürften gegenüber der Vorperiode real um 1,3 Prozent nachgegeben haben. Vor allem die Warenexporte gingen - nach der Steigerung im 1. Halbjahr - merklich zurück. Auch die Importe von Waren und Dienstleistungen waren im 3. Quartal nach diesen ersten Schätzungen rückläufig, jedoch nicht so deutlich wie die Ausfuhren.

Unter der Zurückhaltung der Exportnachfrage wie der Investitionen litt auch die heimische Produktion. Die Wertschöpfung der Herstellung von Waren dürfte laut Wifo im 3. Quartal gegenüber dem 2. Quartal real um 0,3 Prozent gesunken sein. Auch in der Bauwirtschaft schrumpfte demnach die reale Wertschöpfung empfindlich.

Und die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stieg im 3. Quartal nur geringfügig, nämlich real um 0,2 Prozent - ebenso wie im 1. Quartal; im 2. Quartal waren es +0,1 Prozent.

0,2 Prozent Wachstum im Jahresabstand

Die BIP-Schnellschätzungen wird das Wifo künftig übrigens früher vorlegen, nämlich schon 30 Tage nach Quartalsende - bisher waren es 45 Tage.

Im Jahresabstand bremste sich das reale BIP-Wachstum laut Wifo von 0,6 Prozent im 1. und 2. Quartal auf nur noch 0,2 Prozent im 3. Quartal ab - so wenig wie seit dem 2. Vierteljahr 2013 nicht mehr, damals hatte es binnen Jahresfrist ein Nullwachstum gegeben. Dazwischen hatte sich die Wirtschaft aber auch belebter gezeigt: Im 4. Quartal 2013 hatte das BIP im Jahresabstand real um 0,9 Prozent zugelegt und gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent.

Für das heurige Gesamtjahr 2014 hatten Wifo und IHS Mitte September ein reales Plus von 0,8 Prozent vorhergesagt - wie auch erst vorige Woche die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) - und für 2015 ein Wachstum von 1,2 (Wifo) und 1,6 Prozent (IHS). Ihre nächsten vierteljährlichen Prognosen wollen die beiden Institute am 18. Dezember vorlegen.

Leitl verlangt Anstrengungen

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl verlangt von der Regierung angesichts der jüngsten schwachen Wifo-Konjunkturdaten verstärkte Wachstums-Anstrengungen. Erste positive Maßnahmen seien eingeleitet worden, doch es brauche mehr, etwa im Bereich der Wohnbauförderung und der thermischen Sanierung, sagte er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz des ÖVP-Wirtschaftsbunds.

Positiv hob Leitl die Verlängerung der Schwellenwerte-Verordnung, die Breitbandinitiative sowie die Exportoffensive hervor. Ausreichend sei das aber noch nicht. Es gelte, bereits vorhandene Instrumente auch einzusetzen.

Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) hob auf der Pressekonferenz die Bemühungen der Regierung um Wachstumsinvestitionen hervor - so ziehe man Breitband-Mittel von 2016 vor, um die wesentliche "Grundinfrastruktur für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft" zu sichern. Zugleich sieht er - genau wie Leitl - große Chancen in Exportmärkten wie China oder Indien.

(APA)

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