Parlament: Mehr Geld für einen guten Tod

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Nächste Woche startet im Hohen Haus die Enquetekommission zum Thema „Sterben in Würde“. Schwerpunkt ist eine alte Forderung: der Ausbau der Palliativmedizin und Hospizversorgung.

Wien. Das Thema passt zur Jahreszeit: Nach Allerheiligen nimmt im Parlament die Enquetekommission zur „Würde am Ende des Lebens“ die Arbeit mit einer öffentlichen Sitzung am 7. November auf. Der Schwerpunkt der Kommission hat sich dabei zuletzt verschoben. Im Vorfeld wurde vor allem die Verankerung des Verbots der Sterbehilfe in der Verfassung diskutiert, worauf die ÖVP drängt.

Tatsächlich wird die ideologisch aufgeladene Frage nun eine kleinere Rolle spielen. Denn beim Koalitionspartner SPÖ, ohne den es keine Verfassungsbestimmung gibt, stößt ein Verbot der Tötung auf Verlangen in der Verfassung weiter klar auf Ablehnung. Auch andere brisante Themen, wie etwa Straffreiheit für die Beihilfe zum Suizid, über die gerade in Deutschland debattiert wird, kommen wohl nicht aufs Tapet. Denn hier sind sich ÖVP und SPÖ in der Ablehnung einig, wenngleich SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim sich „persönlich eine Gesetzesänderung für Ausnahmefälle“ vorstellen könnte.

Im Zentrum der Beratungen wird daher vielmehr ein Ziel stehen, auf das sich alle Parteien einigen können: der Ausbau der Palliativstationen und der Hospize. Es ist ohnehin ein drängendes Problem: Schätzungen zufolge wird die Zahl der Todesfälle in Österreich aufgrund der demografischen Entwicklung bis 2030 von bisher einem Prozent der Bevölkerung pro Jahr auf 1,5 Prozent steigen. Ein Plus von 50 Prozent also. Schon 2001 gab es daher einen Allparteienbeschluss für eine bessere Versorgung. Allein die vollständige Umsetzung lässt seither auf sich warten.

Wer zahlt was (nicht)?

Laut einer Aufstellung des Dachverbands der Hospize für das Sozialministerium betrugen die Kosten für den Ausbaustand von Palliativ- und Hospizeinrichtungen 2011 rund 87 Mio. Euro pro Jahr. Bis zum Vollausbau im Jahr 2020 wird mit einem Anstieg auf 148 Mio. Euro pro Jahr gerechnet, also insgesamt mit einer Zunahme von 61 Mio. Wobei der Dachverband darauf hinweist, dass darin weder Investitionen in die palliative Basisversorgung in den Spitälern noch nötige Weiterbildungen für Pfleger und Mediziner noch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen inkludiert seien.

Laut einer Stellungnahme des Sozialministeriums brauchten nämlich aktuell tausend Jugendliche spezialisierte Palliativ- oder Hospizversorgung. Generell wird laut Hospizverband umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung derzeit nur die Hälfte des Bedarfs an Betreuung gedeckt. Schwachpunkt sind neben den Jungen vor allem Tageshospize.

Woran es hakt? Ein Problem ist die Zersplitterung der (finanziellen) Zuständigkeit in dem Bereich – sie teilt sich zwischen Bund und Ländern und Gesundheits- und Sozialministerium auf. So gehören Hospize, in denen der Schwerpunkt ja auf der Pflege liegt, zum Sozialressort, Palliativstationen, in denen es um medizinisch komplexe Fälle geht, zum Gesundheitsressort. Tatsächlich übernehmen aber – da es in Österreich auch nur drei stationäre Hospize gibt – auch Palliativstationen immer wieder die Langzeitpflege von Sterbenden. Sie wird (wie bei den Hospizen) teilweise durch Spenden finanziert.

Zusätzlich ist von Land zu Land die Finanzierung unterschiedlich, und im Gesundheits- und Sozialbudget werden die Mittel für Palliativmedizin und Hospize nicht explizit ausgewiesen. Wobei im Sozialressort Kosten (etwa für mobile Hospizdienste) auch erst im Nachhinein über den Bund-Länder-Pflegefonds abgerechnet werden. All das erschwert den Überblick, wie viel frisches Geld ein „guter“ – oder zumindest besserer – Tod kosten und wer ihn bezahlen würde. Spätestens bei dieser Frage droht die parteiübergreifende Kommissionsharmonie aber wieder ins Wanken zu geraten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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