Neunjährige muss abtreiben: Beteiligte exkommuniziert

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Das Mädchen war von ihrem Stiefvater mit Zwillingen schwanger - eine Gefahr für ihren Körper. Brasiliens Kirche hat die Ärzte und die Mutter für exkommuniziert erklärt.

Die brasilianische katholische Kirche bleibt in ihrer Opposition zur Abtreibung hart: Nachdem eine Neunjährige, die von ihrem Stiefvater mit Zwillingen schwanger war, abgetrieben hat, hat der zuständige Erzbischof von Olinda und Recife, Dom Jose Cardoso Sobrinho, alle Beteiligten nach dem Kirchenrecht für exkommuniziert erklärt. Dies gelte für die Ärzte, die Mutter der Neunjährigen und das medizinische Personal, nicht aber für das Mädchen selbst.

Für die Kirche ist es ein klarer Fall: Das neunjährige Mädchen sei durch ein Verbrechen geschwängert worden, hielt Erzbischof Sobrinho fest. Trotzdem verurteile die Kirche jede Abtreibung und werde das auch weiterhin tun. "Das Gesetz Gottes steht über allen menschlichen Gesetzen", erklärte der Erzbischof in einem Interview mit dem Fernsehsender Globo. Die Abtreibung sei nach dem Kirchenrecht ein schlimmeres Vergehen als die Pädophilie des Vaters, so Sobrinho zur Zeitung "Cruzeiro do Sul". Die Beteiligten hätten sich "latae sententiae", also automatisch, exkommuniziert. Auf die minderjährige Mutter treffe das aber nicht zu.

Abtreibungen nur in Ausnahmen möglich

Brasiliens Gesundheitsminister Jose Gomes Temporao reagierte empört: Er sei schockiert über das, was dem Mädchen geschehen sei, und über die Position des Erzbischofs.

Abtreibungen sind in Brasilien illegal. Ausnahmen sind möglich, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, das Kind keine Überlebenschance hat oder die Mutter Opfer einer Vergewaltigung war und die Schwangerschaft noch nicht die 20. Woche überschritten hat.

Der Theologieprofessor Joao Batistiole sagte zu der Diskussion: "Die Haltung von Erzbischof Cardoso Sobrinho ist hart und schwer zu verstehen. Die Kirche verliert damit ein wenig von ihrer Glaubwürdigkeit bei den Gläubigen." Brasilien ist das Land mit der weltweit größten katholischen Gemeinde.

Mutter wollte nicht mit Erzbischof reden

Nach Berichten brasilianischer Zeitungen war die Haltung zur Abtreibung innerhalb der Familie unterschiedlich. Das neunjährige Mädchen wollte die Zwillinge behalten und sie gemeinsam mit der 14-jährigen Schwester aufziehen, berichtete die Rechtsanwältin der Erzdiözese Olinda und Recife. Auch der leibliche Vater des Mädchens, Erivaldo Francisco dos Santos, war der Meinung, dass die Zwillinge zur Welt kommen sollten.

Erzbischof Cardoso Sobrinho hatte die Eltern noch am Tag vor der Abtreibung besucht und sie eingeladen, für das Lebensrecht der Zwillinge einzutreten. Die Mutter des Mädchens wollte aber mit dem Erzbischof nicht reden. Die Kirche drohte der Mutter darauf mit einer Strafanzeige wegen Mordes.

"Trägerin einer Risiko-Schwangerschaft"

Die Mutter hatte das Mädchen am 25. Februar wegen heftiger Bauchkrämpfe in das Krankenhaus Sao Jose in Recife gebracht. Von dort wurde die Neunjährige in das "Instituto Materno-Infantil Fernando Figueira" transferiert, wo die Ärzte die Zwillings-Schwangerschaft in der 15. Woche feststellten. Die Ärzte veranlassten die Überführung in das Gesundheitszentrum Amaury de Medeiros der Universität des Teilstaates Pernambuco, wo am Mittwoch die Abtreibung durchgeführt wurde.

Der ärztliche Direktor der Geburtsabteilung, Sergio Cabral, verwies darauf, dass die Abtreibung durch das brasilianische Gesetz gerechtfertigt sei: Demnach ist der Eingriff nach einer Vergewaltigung oder bei Todesgefahr für die Mutter möglich. Beides habe bei der Neunjährigen zugetroffen, die nur 1,33 Meter groß ist und 36 Kilo wiegt und daher "Trägerin einer Risiko-Schwangerschaft" war. Die Neunjährige habe den Eingriff soweit körperlich gut überstanden, sagte Cabral.

Der Stiefvater des Mädchens, der 23-jährige Jose da Silva, hat gestanden, das Kind seit Jahren vergewaltigt zu haben. Er sitzt seit vergangener Woche in Haft. Den Behörden zufolge hat er das Mädchen seit seinem sechsten Lebensjahr sexuell missbraucht.

Ähnlicher Fall im Süden Brasiliens

Im Süden Brasiliens wurde unterdessen ein ähnlicher Fall bekannt. Ein elf Jahre altes Mädchen sei nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung durch seinen Stiefvater im siebenten Monat schwanger, berichtete die Zeitung "O Globo". Das Kind liege in einem Krankenhaus für Hochrisikoschwangerschaften. Der Stiefvater sitze im Gefängnis.

(Ag./Red.)

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