Arbeitsmarkt: Ältere Männer sind häufiger ohne Job

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390.000 Menschen waren im Oktober in Österreich arbeitslos oder in Schulung. In der EU weist nicht mehr Österreich, sondern Deutschland die niedrigste Arbeitslosenquote aus.

Wien. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich erneut gestiegen. 310.306 Personen waren Ende Oktober als arbeitslos vorgemerkt – um 29.970 oder 10,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Inklusive Schulungsteilnehmer sind 389.155 Menschen ohne Job.

Die Arbeitslosenquote betrug Ende Oktober nach der nationalen Berechnungsmethode 8,1 Prozent, nach Eurostat 5,1 Prozent. Damit liegt Österreich zwar immer noch deutlich unter dem EU-Schnitt, hat aber seine Position als EU-Musterschüler verloren und belegt nur mehr Rang zwei hinter Deutschland. Wobei selbst das unter Fachleuten umstritten ist, weil Schulungsteilnehmer in dieser Statistik nicht aufscheinen. Vor allem deshalb und wegen „exzessiver Frühpensionierungen“ schneide Österreich im EU-Vergleich besser ab als andere Länder, in denen es beide Praktiken nur in viel geringerem Ausmaß gibt, kritisiert etwa der Thinktank Agenda Austria. Laut dessen Studie „Versteckte Arbeitslosigkeit“ lag Österreich schon vor gut einem Jahr nur mehr auf Rang vier hinter Deutschland, Tschechien und Großbritannien. „Rechnet man alle Menschen hinzu, die bei guter Konjunktur arbeiten würden, aber in keiner Arbeitslosenstatistik aufscheinen, läge die Arbeitslosenquote in Österreich etwa doppelt so hoch wie die offiziell ausgewiesene“, sagt Agenda-Austria-Projektleiter Michael Christl.

Als Hauptursache für die schlechten Arbeitsmarktdaten gilt die schwache Konjunktur. „Die staatlichen Konjunkturprogramme greifen nicht mehr“, meint Christl dazu. Gratisgeld von der Notenbank schaffe eben keine dauerhaften Jobs, zur Konjunkturbelebung effizienter wären „ein gutes Umfeld für Investoren, eine entschlossene Entbürokratisierung, niedrige Steuern und Abgaben für Arbeitnehmer und Verbraucher“, meint er.

Flaute in der Baubranche

Wer ist nun aber besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen? Vor allem Menschen ohne Ausbildung – 47 Prozent der Arbeitsuchenden haben höchstens einen Pflichtschulabschluss – und Ausländer. Bei Männern stieg die Arbeitslosigkeit um 12,6 Prozent, bei Frauen „nur“ um 8,5 Prozent. Das liegt wohl auch an branchenspezifischen Unterschieden: Baubereich und Leiharbeitsfirmen spüren die Konjunkturflaute besonders stark.

Überdurchschnittlich gestiegen ist die Arbeitslosigkeit auch bei ab 50-Jährigen (14,5 Prozent). Laut Sozialministerium ist das aber zum Teil durch besonders geburtenstarke Jahrgänge bedingt. Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen sind ebenfalls stark betroffen: Bei dieser Gruppe liegt die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen Ende Oktober um 14,8 Prozent über dem Vorjahreswert.

Mehr Langzeitarbeitslose

Einen drastischen Anstieg verzeichnete auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit einem Plus von 111 Prozent. Es handle sich dabei aber immer noch um eine relativ kleine Gruppe, relativiert AMS-Chef Johannes Kopf im Gespräch mit der „Presse“: Betroffen seien etwa 15.000 Menschen oder 4,9 Prozent der insgesamt rund 310.000 Arbeitslosen. „Zum Vergleich: 1994 hatten wir 18 Prozent Langzeitarbeitslose.“ Unter diesen Begriff fallen nur Personen, die länger als zwölf Monate keine Arbeit haben, aber auch in keiner vom AMS angebotenen Schulung waren. Dass deren Zahl steigt, führt Kopf nicht nur auf die insgesamt steigende Arbeitslosigkeit zurück, sondern auch auf eine neue Strategie bei den Schulungen: Der Schwerpunkt liege jetzt bei höherwertigen und entsprechend teureren Qualifizierungsmaßnahmen, das Budget für die Kurse sei aber insgesamt gleich geblieben. Dadurch steige die Anzahl jener, die keinen Kurs besuchen können.

„Im Oktober war eine ,typische‘ langzeitarbeitslose Person männlich, niedrig qualifiziert – maximal Pflichtschulausbildung – und im Alter von mindestens 45 plus“, sagt Kopf. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sind ebenfalls oft lange auf Jobsuche. Aber zum Beispiel auch Leute, die auf dem Land leben und mit Mobilitätseinschränkungen zu kämpfen haben, etwa weil Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2014)

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