US-Wahl 2014: Jetzt muss Obama über seinen Schatten springen

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USA CAPITOL SEQUESTRATION(c) EPA (JIM LO SCALZO)
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Außenpolitik, Haushaltssanierung und Handelsabkommen: US-Präsident Barack Obama hätte Spielraum für Kompromisse mit den Republikanern.

Washington. Barack Obama steht jetzt dort, wo sich vor ihm Bill Clinton 1998 und George W. Bush 2006 fanden: an der Schwelle zur politischen Wirkungslosigkeit. Der Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen – sie halten nun die Senatsmehrheit und haben ihre Dominanz im Abgeordnetenhaus auf mindestens 242 Sitze ausgebaut – droht Obama für die letzten beiden Jahre seiner Ära zur lahmen Ente zu machen. Durchbrüche in der Sozial- und der Umweltpolitik wird es nicht mehr geben. Mit gutem Willen und der Bereitschaft, über seinen Schatten zu springen, kann er aber sehr wohl wichtige Einigungen mit Mitch McConnell und John Boehner, den Anführern der Republikaner im Senat und im Abgeordnetenhaus, finden.

Iran, IS, China, Russland: Druck auf den Präsidenten, eine klare Linie zu finden

Die außenpolitische Bilanz Obamas ist bescheiden: von China über Moskau bis in den Nahen Osten. Die republikanische Senatsmehrheit wird diese Probleme nicht lösen, aber sie wird Obama zwingen, endlich klare Linien zu verfolgen. Im Verhältnis zu Russland wäre das zum Beispiel eine deutlichere Stärkung der Nato. Und auch in den Verhandlungen um das iranische Atomwaffenprogramm kann es für die US-Verhandler nützlich sein, ihren Gesprächspartnern aus Teheran durch die Blume zu verstehen zu geben, dass das Scheitern harte, eventuell auch militärische Folgen haben könnte.

Budget: Vom Shutdown zu einer langfristigen Haushaltssanierung

Vor einem Jahr hat das von der Tea Party angeheizte Veto gegen eine Erhöhung der Neuverschuldung die US-Regierung fast in den Staatsbankrott gekippt. Diese Episode hat dem Ansehen der Republikaner stark geschadet, und sie haben sich seither um sachorientierte Haushaltsvorschläge bemüht. Dem Budgetplan von Paul Ryan, dem vermutlich nächsten Vorsitzenden des Ausschusses für Steuerfragen im Abgeordnetenhaus, konnte Obama bisher wenig abgewinnen. Ein zweiter Blick könnte sich aber lohnen: An der Eindämmung der Pensions- und Gesundheitskosten haben auch die jungen Wähler der Demokraten ein Interesse.

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Handelsabkommen: Europas neue Chance für wirtschaftlichen Impuls

Obama hat das Handelsabkommen TTIP mit der EU nur halbherzig behandelt. Denn Harry Reid, sein bisheriger Mehrheitsführer im Senat, stand aus Rücksicht auf die finanzstarken US-Gewerkschaften auf der Bremse. Die Republikaner stehen dem Freihandel viel positiver gegenüber. Sie könnten den Verhandlungen neuen Schwung geben – und das würde es dem der Globalisierung aufgeschlossen gegenüberstehenden Obama erleichtern, für seinen Abschluss zu werben.

Zuwanderungsreform: Im Interesse der Republikaner, aber aussichtslos

Rund elf Millionen Ausländer, die meisten davon Latinos, leben ohne Aufenthaltstitel in den USA. 63 Prozent der Wähler lateinamerikanischer Herkunft haben am Dienstag die Demokraten gewählt. Darum ist es weiterhin unwahrscheinlich, dass die Republikaner einer Reform des Fremdenrechts zustimmen. Zudem erklärten 74 Prozent der republikanischen Wähler, dass alle illegalen Einwanderer abgeschoben werden sollten. Es dürfte demokratischen Kandidaten in konservativen Wahlkreisen enorm geschadet haben, dass Obama angekündigt hat, im Fremdenrecht per präsidentieller Verordnung durchzugreifen. Langfristig schaden sich die Republikaner mit ihrer Verweigerung. Denn ohne Rückhalt der Latinos kann man in den eng auf bestehende Mehrheiten zugeschnittenen Kongresswahlkreisen gewinnen, nicht aber in den landesweiten Präsidentenwahlen. Und die Latinos sind überdurchschnittlich religiös und wertkonservativ: also eine ideale Zielgruppe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2014)

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