Der rot-blaue Kampf um Simmering

Renate Angerer
Renate Angerer(c) Clemens Fabry
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Der elfte Bezirk ist ein klassischer Arbeiterbezirk. Und dadurch eine rot-blaue Kampfzone. Die Diskussion um eine Imamschule in Simmering heizt diesen Kampf weiter an.

Wien. Simmering ist der Prototyp einer roten Hochburg. Ein typischer Arbeiterbezirk, durchzogen mit Gemeindebauten für Menschen, die auf soziale Unterstützung angewiesen sind. Landschaftlich ist der elfte Bezirk mit Einrichtungen wie der Hauptkläranlage wenig attraktiv, er ist eine billige Wohngegend, das Bildungsniveau der Bevölkerung gehört zu den niedrigsten ganz Wiens.

Als Folge dominieren in Simmering die klassischen Themen eines sozial schwachen Arbeiterbezirks. Die Angst um den Job, Sorge um leistbare Mieten, Nachbarschaftskonflikte aufgrund der sozialen Struktur (Stichwort: Gemeindbau) und der Bereich Integration, der in diese Themen direkt ebenso hineinspielt wie die Bildung (Stichwort: Ausländeranteil in Schulklassen).

Mit dieser Mischung ist Simmering eine rot-blaue Kampfzone. Die SPÖ erhielt bei der Wien-Wahl 2010 knapp 50 Prozent, verlor aber fast zwölf Prozent, während die FPÖ ihren Stimmenanteil (von niedrigem Niveau aus) auf knapp 35 Prozent beinahe verdoppelte.

Grüne und ÖVP im Schatten

ÖVP und Grüne kommen in Simmering kaum vor, das Match läuft zwischen Rot und Blau. Und dieses wird durch die geplante Errichtung einer türkischen Imamschule in Simmering, die ursprünglich als deutschsprachiger Kindergarten angekündigt war, aufgeheizt: Die FPÖ organisiert heute, Donnerstag, eine Demonstration, die SPÖ-Bezirkschefin Renate Angerer ist verärgert. Von der Islamischen Föderation fühlt sie sich getäuscht: „Ich bin stinksauer“, erklärt sie der „Presse“. Niemand dort habe ihr gesagt, dass es kein Kindergarten, sondern eine Imamschule werde.

Die SPÖ-Bezirkschefin wurde damit desavouiert, die FPÖ (die einem deutschsprachigen Kindergartenprojekt wie Angerer zugestimmt hat), nützt die Vorlage und macht Stimmung. Neben der Demonstration auch mit entsprechenden Postwurfsendungen: „Die FPÖ sieht ihre Chance, da Wahlen kommen. Da kann es für die FPÖ offenbar nicht früh genug beginnen“, meint Angerer. Nachsatz: „Sie will das nutzen, um die Nummer eins im Bezirk zu werden.“ Doch das werde die FPÖ in Simmering nicht schaffen, erklärt die Bezirkschefin. Wie wird Angerer entgegenhalten? Mit Argumenten sei man auf der emotionalen Ebene chancenlos: „Gegen Gefühle kann man mit Argumenten nicht ankämpfen.“ Ein wirkliches SPÖ-Gegenkonzept gibt es aber nicht.

Trotzdem zeigt sich Angerer überzeugt, dass die SPÖ in Simmering weiter Nummer eins bleiben wird. Am Ende würden Wohnen und Arbeiten zählen – klassische SPÖ-Themen, meint Angerer. Diese sind aber mit dem FPÖ-Thema Integration gekoppelt, die 2010 allerdings mit 15 Prozentpunkten deutlich hinter der SPÖ gelegen ist.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2014)

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