Demo gegen Islamschule: Angst vor Krawallen

An der Demo gegen das islamische Zentrum in der Brigittenau 2009 nahm Heinz-Christian Strache aus Sicherheitsgründen unter Polizeischutz teil. Ausschreitungen werden auch bei der Kundgebung am Donnerstag befürchtet.
An der Demo gegen das islamische Zentrum in der Brigittenau 2009 nahm Heinz-Christian Strache aus Sicherheitsgründen unter Polizeischutz teil. Ausschreitungen werden auch bei der Kundgebung am Donnerstag befürchtet. (c) APA (Georg Hochmuth)
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Bei der heutigen FPÖ-Kundgebung gegen eine Imamschule in Simmering wird ein Aufmarsch rechtsextremer Gruppen befürchtet.

Wien. „Wir verstehen eure Wut. Gemeinsam gegen radikalen Islamismus. Keine türkische Imamschule in Simmering.“ Mit diesem Slogan bewirbt die Bezirks-FPÖ ihre Kundgebung am heutigen Donnerstag ab 17 Uhr gegen eine türkischsprachige Schule der Islamischen Föderation, die in der Florian-Hedorfer-Straße entstehen soll. Als Hauptredner ist der Wiener Klubobmann Johann Gudenus angekündigt. Da die „Linkswende“ bereits zur Gegendemonstration aufgerufen hat, fürchten islamische Vereinigungen nun einen Aufmarsch rechtsextremer Gruppierungen wie bei einer Hooligan-Kundgebung gegen Salafisten in Köln Ende Oktober, die zu schweren Ausschreitungen mit Dutzenden Verletzten geführt hat.

Die Polizei kalmiert zwar, es würden aber ausreichend Beamte vor Ort sein, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Auch der Verfassungsschutz werde natürlich anwesend sein und sich Überblick verschaffen. Mit Ausschreitungen wie in Köln rechne man nicht.

Ist eine Genehmigung notwendig?

Beim Wiener Stadtschulrat gab es bisher keine Anfragen oder Anträge zu der geplanten Schule und unter den bisher bekannten Bedingungen würde der Stadtschulrat auch „niemals zustimmen“. Allerdings: Eine Genehmigung braucht die Schule nur, wenn sie anerkannte Abschlüsse vergeben oder finanzielle Unterstützung beantragen will. Wenn die Institution völlig autonom agieren will, ist keine Genehmingung vom Stadtschulrat notwendig.

Geplant ist konkret ein türkischsprachiges Oberstufengymnasium mit theologischem Schwerpunkt, die Predigerausbildung wäre freiwillig, wie Yakup Gecgel, Sprecher der Islamischen Föderation, erklärt. Diese gilt als österreichische Vertretung der religiös-nationalistischen türkischen Milli-Görüs-Bewegung.

Unklar ist laut Gecgel auch, ob man überhaupt genug Schüler finde. Derzeit sei jedenfalls nicht geplant, eine staatlich anerkannte Schule mit Öffentlichkeitsrecht zu beantragen – damit verbunden wäre neben der Anerkennung der Zeugnisse auch die Übernahme der Lehrerkosten durch den Staat. Der Abschluss würde aber in der Türkei anerkannt werden.

Auch bei der Politik stößt die Schule auf breite Ablehnung. Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) lehnt das Projekt ab, genauso sind SPÖ, Grüne und FPÖ dagegen. Die Bezirksvorstehung Simmering beklagt sogar, falsch informiert worden zu sein. Bei der Präsentation des Projekts 2013 sei lediglich von einem Kindergarten inklusive Programme der Erwachsenenbildung die Rede gewesen.

Verteidigt wird der Plan dagegen von der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Für Sprecherin Carla Amina Baghajati haben die Absolventen gegenüber den derzeit im Ausland ausgebildeten Imamen den Vorteil des österreichischen Lebenshintergrunds.

Interreligiöse Mahnwache

Nahezu zeitgleich (16.30 Uhr) zur FPÖ-Kundgebung laden am Donnerstag die Katholische Jugend Österreich und die Muslimische Jugend Österreich zu einer Mahnwache für den Frieden im Sigmund-Freud-Park ein. In vielen Teilen der Erde herrsche Krieg. Menschen würden Opfer von Terror und Verfolgung, hieß es in einer Aussendung: „Hier gilt es mehr als je zuvor, ein Zeichen gegen jegliche Art von Gewalt zu setzen.“ Zur Mahnwache werden u.a. auch Vertreter der Jugendabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde und der Buddhistischen Jugend Österreich erwartet.

Auf anderer Ebene bekräftigte die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) ihre Ablehnung der geplanten Islamgesetznovelle. Man sei mit dem Entwurf nicht einverstanden, denn er erwecke den Eindruck eines prinzipiellen Misstrauens gegen Muslime, sagte IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac. Eine Reihe von Bestimmungen lasse die Gleichstellung mit den anderen Religionsgemeinschaften vermissen, etwa das Verbot der Auslandsfinanzierung.

„Ich war nie so traurig“

An Demonstrationen denke man nicht, „weil wir immer noch am Tisch sind“, so Sanac. „Aber heute ist für mich ein schwarzer Tag. Ich war noch nie in den vergangenen 30 Jahren (seines IGGiÖ-Engagements, Anm.) so traurig.“ Am Mittwoch sandte die IGGiÖ ihre Stellungnahme ab. Die Begutachtungsfrist endet am Freitag. Angesichts dieser Kritik wollen sich Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) nächste Woche mit dem Obersten Rat der Glaubensgemeinschaft treffen. An der Grundausrichtung der Gesetzesnovelle will man festhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2014)

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