SPÖ-Pensionistentag: Steuer-Kampfansage an die ÖVP

Finanzminister Schelling und die Volkspartei treiben ÖGB und Rote auf die Palme: „Die 5,9 Milliarden gehören uns“.

Wien. So emotionsgeladen tritt der Präsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) nicht immer auf. „Die 5,9 (Milliarden, Anm.) gehören uns. Punkt. Aus!“, donnert Erich Foglar in den mit Delegierten des roten Pensionistenverbandes vollbesetzten Saal D im Wiener Austria Center. In Wahrheit ist die Botschaft aber direkt an die ÖVP und deren Finanzminister Hans Jörg Schelling gerichtet. Der ÖGB-Chef warnt mit Nachdruck, dass vom Volumen von 5,9 Milliarden Euro an Steuerentlastung, das der ÖGB – und in der Folge auch Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann – im Zuge der Steuerreform verlangt haben, nichts für die Familien und die Wirtschaftsförderung abgezweigt werde, sondern eben extra aufgebracht werden müsse.

SPÖ-Pensionistenpräsident Karl Blecha wird von den aktiven Politikern an diesem Tag als dynamischer Antreiber und freundschaftlich stets als „Charly“ tituliert. Heute, Mittwoch, stellt er sich mit 81 Jahren und nach 15 Jahren im Amt nochmals der Wiederwahl Er wird die Unterschriftenaktion der Gewerkschaft „Lohnsteuer runter“ mit den Pensionisten fortsetzen. „Der Bundeskanzler hat die Botschaft gehört, wir werden es laut trommeln, das es der andere Regierungspartner auch hört“, fügt Foglar hinzu. Der ÖGB-Chef stiehlt an diesem Dienstagnachmittag mit seiner viertelstündigen, prägnanten Grußadresse mit dem Schwerpunkt auf der Steuerentlastung dem danach folgenden Bundeskanzler die Show stiehlt, wie der starke Beifall beweist.

„Das ist kein Klassenkampf“, versichert der ÖGB-Präsident. Es ist aber auf alle Fälle eine klare Kampfansage für die Steuerreform, die nach der Abmachung der SPÖ-ÖVP-Bundesregierung am 17. März 2015 im Ministerrat beschlossen werden soll.

SPÖ-Pensionistenvertreter wie der oberösterreichische Vorsitzende Heinz Hillinger haben massive Zweifel, dass diese Steuerreform den Forderungen der Sozialdemokratie entsprechen wird. Der jetzige ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner und der schwarze Finanzminister Schelling seien „Vollprofis“: Beiden hätten gleich von Beginn an SPÖ-Pläne etwa für Vermögenssteuern abgelehnt. „Erster Tag: mit uns nicht“, habe deren Botschaft gelautet. Was werde die SPÖ tun, wenn es bis zum Sommer 2015 dabei bleibe? Hillingers in Frage gekleidete Fortsetzung sagt in deftiger Form viel über die Skepsis gegenüber der von Faymann geführten Regierung: „Ziehen wir den Schwanz wieder ein?“ Die SPÖ sei durch die ÖVP „erpressbar“, beklagt Paul Zimmermann in einer der Handvoll Wortmeldungen.

Faymann selbst hat in seinem 20minütigen Auftritt nach jenem von Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser den Bogen weit gespannt. Man sol nur ja nicht in der „politischen ELGA, Elektronische Gesundheitsakte, Anm.)“ darauf vergessen, was Schwarz-Blau angerichtet habe. Er endet im Aufruf zu mehr Kampfbereitschaft, Solidarität und Einsatz aufgerufen, um auch die von der SPÖ verlangte „Millionärsabgabe“ bei der Steuerreform durchzubringen. Während seiner Rede wird einmal geraunt: „Wie ein Pudding“.

Tatsächlich steigert sich auch Faymann animiert durch das halbe Dutzend kritischer Wortmeldungen und seine Antwort fällt länger aus als geplant. Er verweist seinerseits hörbar angestachelt darauf, dass die ÖVP vor nicht allzu langer Zeit zu einer Steuerreform Nein gesagt habe. Anspielend auf den Wechsel an der ÖVP-Spitze betont der SPÖ-Chef, dass nun auch der Koalitionspartner bis März 2015 eine Steuerentlastung wolle. „Das ist doch eine Wandlung“, ruft Faymann den Delegierten beim Pensionistenkongress zu. Auch den indirekten Vorwurf, nur bei der ÖVP gebe es Profis, hat er verstanden. Seine Konter: 80 Jahre Erfahrung hätten zwar der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und er, die die Steuerreform für die SPÖ verhandeln noch nicht, räumt der Bundeskanzler ein, aber auf 40 Jahre komme man schon.

Die Wichtigkeit der Pensionisten für die SPÖ wurde allein durch die illustre Gästeliste unterstrichen. Neben Faymann, Oberhauser und Foglar kamen am Dienstagnachmittag auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Verkehrsminister Alois Stöger.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

MINISTERRAT: FAYMANN / MITTERLEHNER
New Articles

Koalition: Steuerreform wird Überlebensfrage

ÖVP-Chef Mitterlehner versucht mit der Drohung, dass bis März die Entlastung fix sein müsse, einem Scheitern der Koalition vorzubeugen. Für Faymann wird es in der SPÖ nicht einfacher.
Kommentare

Die ÖVP will wieder werden, was sie war

Mitterlehners Versuch einer Imagewende.
Die Koalitionsspitzen Mitterlehner, Faymann (von li.)
Politik

Steuer-Reform: Faymann weicht Mitterlehners Drohung aus

ÖVP-Chef Mitterlehner gibt sich und der Regierung bis März Zeit, sich auf eine Reform zu einigen. "Sein" Finanzminister Schelling beschwichtigt. Bundeskanzler Faymann zeigt sich erfreut.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.