Bankgeheimnis wird brüchig

(c) APA (Robert Jäger)
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Finanz-Minister Pröll zu „Stopfen von Steuer-Schlupflöchern“ bereit. Gleichzeitig schloss er einen automatischen Informations-Austausch über Bankkunden bei bloßer Anfrage einer Steuer-Behörde aus.

BRÜSSEL. Der internationale Druck zeigt Wirkung: Die Bundesregierung kann sich offenbar vorstellen, künftig unter erleichterten Bedingungen Informationen über Anleger in Österreich an deren Heimatländer zu liefern. Die gänzliche Aufhebung des Bankgeheimnisses wird derzeit freilich noch ausgeschlossen. Denn dies könnte zu einer massiven Abwanderung von Sparkapital aus Österreich führen und wäre ein weiterer Rückschlag für heimische Banken.

Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) signalisierte am Montag in Brüssel zwar Einlenken, ließ aber die Details noch offen. Gleichzeitig schloss er einen automatischen Informationsaustausch über Bankkunden bei bloßer Anfrage einer Steuerbehörde aus. Noch am Sonntag hatte Pröll gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Luxemburg und der Schweiz über die weitere Vorgangsweise beraten.

Österreich sei bereit, „Steuerschlupflöcher zu stopfen“, welche sich durch die EU-Zinsertragsrichtlinie ergäben, erklärte Pröll: Im Kampf gegen Steuerdelikte sei Österreich „absolut“ gesprächsbereit. Es müsse aber noch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen Informationen an Steuerbehörden weitergegeben werden.

Schwarze Liste der G20?

Bewegung in die Frage war gekommen, nachdem EU-Kommissionspräsident José Barroso die EU-Länder Luxemburg und Österreich in der Vorwoche erneut zur Kooperation nach den Standards der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) gedrängt hatte. Diese sehen mehr Informationsaustausch vor. Die OECD und die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) arbeiten derzeit an einer „schwarzen Liste“ von sogenannten Steueroasen. Österreich, Luxemburg und die Schweiz könnten dem Vernehmen nach auf dieser Liste landen. Mit ihrer neuen „Gesprächsbereitschaft“ im Kampf gegen Steuerbetrug wollen sie dies verhindern.

Für Pröll wäre es nicht nachvollziehbar, käme Österreich auf die Liste: Die Kriterien dafür müssten erst klar dargelegt werden. Die G20 werden am 2.April in London tagen. Eines ihrer Hauptthemen wird die Trockenlegung von Steueroasen weltweit sein.

Bei dem für heute, Dienstag, angesetzten Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel wird Pröll versuchen, gegen eine Aufnahme in die Liste Stimmung zu machen. Beim G20-Treffen ist Österreich selbst nicht vertreten.

Österreich, Luxemburg und das Nicht-EU-Land Schweiz haben bis zuletzt daran festgehalten, die Sparer in ihrem Land zu schützen, solange kein Finanzstrafverfahren gegen einen Anleger läuft. Bisher geben sie nur Auskunft weiter, wenn ein Strafverfahren eingeleitet, der Beklagte informiert worden ist und selbst Möglichkeiten hat, den Rechtsweg einzuschlagen. Pröll fordert nun eine neue Regelung, „wann in welchen Verdachtsfällen mit welchen Elementen Informationen geliefert werden müssen“.

Österreich hat seinen Widerstand gegen einen automatischen Informationsaustausch immer damit argumentiert, dass auch andere Länder außerhalb der EU, wie das Fürstentum Liechtenstein oder die Schweiz, keine Informationen liefern.

Kommission rechnet mit Ende

Innerhalb der EU ist Österreich längst unter Druck, denn Belgien hat bereits Bereitschaft signalisiert, sein Bankgeheimnis aufzugeben. So bleibt als einziger Verbündeter in der EU Luxemburg. EU-Steuerkommissar László Kovács rechnet damit, dass das Bankgeheimnis innerhalb der EU mittelfristig komplett fällt. Als ersten Schritt sollten die drei betroffenen Länder Daten ausländischer Anleger freigeben, so Kovács. Daten von Inländern könnten hingegen weiterhin geschützt bleiben.

WISSEN

Statt des Namens eines ausländischen Anlegers liefert Österreich dessen Herkunftsland Quellensteuer auf die Zinsen. Nur wenn ein Finanzstrafverfahren läuft, stellt Österreich schon jetzt Daten bereit. Künftig soll es schon früher Daten an die EU-Partner liefern, fordern EU und OECD.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2009)

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