Wie die USA Handydaten per Flugzeug absaugen

Leichte Beute für ein Überwachungsflugzeug
Leichte Beute für ein ÜberwachungsflugzeugAPA/EPA/PETER POWELL
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Offiziell sollen mit der Spähaktion Verdächtige ausgeforscht werden. Doch was geschieht mit den dabei abgesaugten Daten Unbeteiligter?

Diesmal ist es nicht die NSA, sondern das Justizministerium - aber die Enthüllungen über Spähprogramme der US-Behörden nehmen kein Ende. Wie das "Wall Street Journal" berichtete erfasst das Ministerium mithilfe fingierter Mobilfunkzellen in Spezialflugzeugen die Aufenthaltsorte zehntausender Handy-Nutzer. Ziel sei es, Verdächtige ausfindig zu machen, aber zunächst würden auch Daten vieler Unbeteiligter in das System hineingesogen.

Die in der Szene „Dirtbox“ genannten manipulierten Funkzellen werden in Kleinflugzeugen wie etwa einer Cessna installiert, mit denen man auch über größere Menschenansammlungen fliegen kann. Die Handys der Personen am Boden verbinden sich demnach mit den Zellen, weil sie grundsätzlich darauf getrimmt sind, den Mobilfunkmasten mit dem stärksten Signal anzusteuern. Beim Kontakt werden Daten übermittelt, mit denen sich ein Mobiltelefon eindeutig identifizieren lässt.

Werden Daten wirklich gelöscht?

Dem Bericht zufolge pickt das System die Handys Verdächtiger aus dem Datenstrom heraus und verwirft die restlichen Informationen. Es bleibe allerdings unklar, wie genau dafür gesorgt werde, dass sie tatsächlich gelöscht und nicht noch eventuell für eine spätere Nutzung aufgehoben werden.

Bei Personen, für die sich die Behörden interessieren, lasse sich der Aufenthaltsort bis auf etwa drei Meter genau feststellen, hieß es unter Berufung auf Insider. So könne man zum Beispiel erkennen, in welchem Raum eines Gebäudes sich ein Handy befindet. Laufende Telefongespräche könnten mit der Verbindung zur fingierten Mobilfunk-Antenne der Behörden abbrechen. Allerdings sollen Telefonate mit Notrufdiensten davon nicht betroffen sein.

Auch Daten aus Geräten sind gefährdet

Neuere Versionen der Technik könnten zum Teil sogar auch Daten von den Geräten abschöpfen, schrieb das „Wall Street Journal". Es sei aber unklar, ob diese Anlagen auch in den USA zum Einsatz kämen oder nur im Ausland. Dort werde mithilfe der falschen Mobilfunkzellen zum Beispiel versucht, Terrorverdächtige aufzuspüren. Dass die US-Amerikaner solche Methoden etwa in Krisengebieten nutzen, wurde bereits im Zuge der NSA-Enthüllungen bekannt. Ein großflächiger Einsatz im eigenen Land wäre allerdings neu.

Die Kleinflugzeuge mit den Funkzellen würden regelmäßig von mindestens fünf Flugplätzen im Umfeld von US-Großstädten eingesetzt, schrieb das „Wall Street Journal". Das Programm unter dem Dach des U.S. Marshals Service, das zum Justizministerium gehört, laufe in vollem Umfang seit 2007. Ziel sei, etwa nach mutmaßlichen Drogendealern oder Mordverdächtigen zu suchen. Offiziell wolle das Justizministerium die Existenz des Systems weder bestätigen noch dementieren. Inwieweit die Aktionen von Gerichten genehmigt werden, sei unklar.

(APA/DPA)

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