Nahverkehr: Das tägliche Schleppen des Einkaufs

Wer Autos überflüssig machen will, muss auch Möglichkeiten schaffen, wie Menschen den Einkauf vom Supermarkt nach Hause bringen.

Wer Städte der Zukunft plant, muss bedenken, dass Menschen immer das Verkehrsmittel wählen, das für sie am bequemsten ist. Pro Tag stehen jedem im Schnitt eineinhalb Stunden zur Verfügung, die man zwischen Wohnung, Büro und Einkauf unterwegs ist: Je nach angebotener Infrastruktur bewegen sich die Leute unterschiedlich schnell unterschiedlich weit fort. Erlauben Strukturen Rad- und Fußstrecken, wird weniger Zeit der täglichen Reise im Auto verbracht.

Im innerstädtischen Bereich gibt es meist genug Supermärkte, sodass man den Einkauf auf dem Heimweg zwischen Haltestelle und Wohnung erledigen kann. Lokale Nahversorger haben gute Chancen, und die Menschen kaufen öfter pro Woche kleinere Mengen ein. „Baut man allerdings Autoverkehrsachsen, entstehen entlang dieser Shoppingcenter mit hohem Einzugsradius und Gratisparkplätzen, wo am Wochenende die Leute den Autokofferraum vollräumen“, sagt Harald Frey vom Forschungsbereich Verkehrsplanung der TU Wien. Sein Team will in einem vom Infrastrukturministerium geförderten Projekt Möglichkeiten schaffen, um den Einkauf „über den letzten kritischen Kilometer“ zu transportieren. Niemand schleppt Einkaufssackerln gern länger als 300 bis 500 Meter.

Einkaufswagerln bis zur Tür

„Früher kam es vor, dass Leute mit dem Einkaufswagerl vom Supermarkt in den Gemeindebau oder gar bis zur Wohnungstür gefahren sind“, sagt Frey. Um den Prozess der Zersiedelung einzuschränken, der durch Automobilität eingesetzt hat, wollen die Forscher nun Transportmöglichkeiten entwickeln, die diese Lücke füllen: den letzten Kilometer zwischen Supermarkt und Wohnung zu überwinden, ohne Auto.

„Wir suchen gerade ein Design für einen Prototyp: eine Kombination von Einkaufswagen mit Fahrrad, ähnlich einem Lastenfahrrad. Das soll privat nutzbar sein, am besten faltbar, damit es auch in kleinen Wohnungen keinen Platz wegnimmt“, sagt Frey. Der Bedarf ist da, wie man an der Renaissance der altmodischen „Omawagerln“ sieht: Immer mehr Junge ziehen in den Städten stylische Einkaufswägelchen hinter sich her. Der neue Prototyp soll allerdings für etwas weitere Strecken helfen, als es diese Nachziehwagen tun. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2014)

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