Der russische Staatschef Wladimir Putink könnte den Gipfel frühzeitig verlassen.
Brisbane () - Das Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in Australien ist von der Ukrainekrise und den Differenzen zwischen Russland und dem Westen überschattet worden. Nachdem Russlands Staatschef Wladimir Putin bereits vor Gipfelbeginn heftige Kritik entgegengeschlagen war, kündigte seine Delegation am Samstag die vorzeitige Abreise des Kremlchefs an.
Bei Gesprächen mit dem britischen Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident François Hollande schlug Putin am Rande des Gipfels in Brisbane zunächst offenbar versöhnlichere Töne an. Bei einem Treffen hinter verschlossenen Türen hätten Putin und Cameron ihr Interesse an einer Wiederbelebung der Verbindungen bekundet, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen. Auch seien beide daran interessiert, "wirksame Maßnahmen zur Lösung der Ukraine-Krise" zu ergreifen. Dadurch solle auch das "konfrontative Klima" entschärft werden.
Überdies rief Putin Frankreichs Staatschef Hollande auf, "Risiken" zwischen ihren Ländern "zu minimieren". Es gebe in der Weltpolitik derzeit eine Reihe "turbulenter Momente" und "nicht bei allen Punkten stimmen unsere Positionen überein", sagte Putin bei einem Gespräch mit Hollande. Hollande sprach von der "Verantwortung, die Krisen in der Ukraine und andernorts in der Welt zu lösen". Zwischen Russland und Frankreich hatte es zuletzt Differenzen wegen der umstrittenen Auslieferung eines Mistral-Kriegsschiffs gegeben. Dieses Thema sparten Putin und Hollande in Brisbane aus.
Noch am Samstag kündigte die russische Delegation dann überraschend die vorzeitige Abreise Putins von dem zweitägigen Gipfel an. Der russische Präsident werde lediglich an einem Teil des für Sonntag geplanten Programms teilnehmen, sagte ein Delegationsmitglied der Nachrichtenagentur AFP. Demnach wird Putin an dem offiziellen Arbeitsessen in Brisbane am Sonntag nicht mehr teilnehmen.
Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen befinden sich angesichts des Ukraine-Konflikts auf dem tiefsten Punkt seit dem Ende des Kalten Krieges. Der Westen wirft Russland vor, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine in ihrem Kampf gegen die ukrainischen Regierungstruppen zu unterstützen. Russland wurde deshalb bereits mit zahlreichen Sanktionen belegt. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon warnte in Brisbane vor einem neuen Kalten Krieg. Der Konflikt um die Ostukraine könne zu einer Spaltung mit weitreichenden Folgen für die ganze Welt führen.
Putin sagte der ARD in einem Interview, das am Sonntagabend in voller Länge ausgestrahlt werden sollte, der Ukraine-Konflikt dürfe "nicht einseitig betrachtet werden". Er sagte, in den Gebieten der Aufständischen werde der Versuch unternommen, alles zu vernichten, "sämtliche politische Gegner und Widersacher". "Wir wollen das nicht", fügte Putin hinzu. "Und wir lassen das nicht zu." Teile des Interviews wurden am Samstagmittag erstmals in der "Tagesschau" ausgestrahlt.
Seit den Wahlen in den von den Separatisten kontrollierten Gebieten in der Ostukraine Anfang November hatten die Kämpfe in der Region wieder deutlich zugenommen, obwohl offiziell seit Anfang September eine Waffenruhe gilt. Nach Behördenangaben wurden bei den jüngsten Kämpfen fünf Zivilisten und drei Soldaten getötet. Unter den getöteten Zivilisten seien auch zwei Kinder, teilte der Stadtrat von Gorliwka nördlich der Rebellenhochburg Donezk am Samstag mit. Zwölf weitere Menschen seien verletzt worden.
(APA/AFP)