Die älteste Gracht der niederländischen Hauptstadt Amsterdam, der Zeedijk, sah vor einigen Jahren noch so aus: Ausgemergelte Junkies warteten auf ihre Dealer.
AMSTERDAM (htz). Sie bettelten Touristen an und brachen Autos auf. Heute ist der Zeedijk wieder zur Flaniermeile geworden. Die Polizei hat die Gracht rücksichtslos und mit harter Hand von Dealern und Junkies gesäubert.
Die niederländische Drogenpolitik ist liberal und restriktiv zugleich: liberal gegenüber weichen Drogen wie Haschisch und Marihuana, restriktiv gegenüber harten Drogen wie Kokain oder Heroin. In über 700 sogenannten Coffeeshops darf Cannabis verkauft werden, maximal fünf Gramm pro Person. Einzelne Kommunen reduzieren aber derzeit die Anzahl der Coffeeshops systematisch. Auch der Verkauf von „Magic Mallows“, Halluzinationen auslösenden Pilzen, wurde gerade verboten.
Alles ist eine große Grauzone
Hollands Drogenpolitik steht in jüngster Zeit unter Beschuss: Kritiker argumentieren, die Niederlande hätte sich durch die Zulassung der Coffeeshops vor rund 30 Jahren ihre eigene Drogenmafia herangezogen. Verkaufen dürfen die Drogenumschlagpunkte den Stoff in kleinen Mengen, einkaufen in großen Mengen dürfen sie ihn aber nicht. Für ihre illegale Belieferung sorgt die Marihuanamafia, die den Markt unter sich aufgeteilt hat.
Der Umsatz allein in diesem halblegalen Geschäft mit weichen Drogen wird auf jährlich mindestens 2,5 Mrd. Euro geschätzt. Offizielle Zahlen über Süchtige und Konsumenten hingegen werden in den Niederlanden schon lange nicht mehr veröffentlicht.
Kopfzerbrechen bereitet die immer brutaler agierende Drogenmafia: Seit Jahren läuft in Amsterdam ein Bandenkrieg um Marktanteile. Zahlreiche Drogenbarone wurden in der Vergangenheit liquidiert. Nach solchen Exekutionen meinen die Amsterdamer oft: Palermo liegt jetzt an der Amstel.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2009)