Die EU-Staaten sollen den Verbrauch der umweltschädigenden Verpackung bis 2025 um rund drei Viertel reduzieren. Alternativ können Gebühren eingehoben werden.
Brüssel. Die Nutzung von leichten Plastiksackerln wird künftig deutlich eingeschränkt. Abgeordnete des Europaparlaments haben sich in Brüssel mit Vertretern der Mitgliedstaaten auf einen Kompromiss geeinigt, wonach der Pro-Kopf-Verbrauch von derzeit 200 Sackerln bis 2019 auf 90 und bis 2025 auf 45Sackerln pro Jahr reduziert werden soll. Wie die Reduzierung umgesetzt wird, bleibt jedem Mitgliedsland selbst überlassen. Alternativ können die EU-Staaten auch verbindliche Gebühren auf diese meist gratis angebotene Verpackung einheben.
Die EU-Kommission stimmte am Mittwoch dem Kompromiss zu. Die Vereinbarung sei wichtig, um den Abfall einzudämmen, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, am Mittwoch in Brüssel. "Wir werden nicht gegen diese Vereinbarung zwischen dem Rat und dem Parlament sein", sagte Timmermans weiter. Doch seien die EU-Staaten alleine für die Umsetzung der Vorgaben auch zuständig. Sie dürften sich dann nicht über zu viel Bürokratie beschweren. "Es könnte Probleme bei der Umsetzung geben. Dann sollen sie aber nicht zu uns zurückkommen." Die EU-Kommission werde Vertragsverletzungsverfahren starten, wenn die Vorgaben nicht umgesetzt werden.
Österreich tritt für eine drastische Reduzierung ein und fordert verpflichtende Regeln in allen Mitgliedstaaten. Das bestätigte ein Sprecher des Umweltministeriums auf eine Anfrage der „Presse“. In Österreich konnte die Verwendung der Plastiksackerln bereits durch stärkere Sensibilisierung der Konsumenten und weitere Maßnahmen auf 54 Stück pro Kopf und Jahr reduziert werden.
Von der Regelung betroffen sind sehr leichte Plastiksackerln mit einer Wandstärke von unter 50 Mikron, die beispielsweise an Supermarktkassen oder bei Einzelhändlern gratis ausgegeben werden. Sie machen den größten Anteil der in der EU verwendeten Verpackungen aus. Nicht betroffen sind stärkere Plastiksäcke, die bereits jetzt mehrheitlich bezahlt werden müssen und meist wiederverwendbar sind. Ausgenommen von der Regelung sind zudem jene Folien und Säcke, mit denen Händler selbst Frischfleisch, Wurst, Fisch oder Obst verpacken. Das Europaparlament hatte ursprünglich gefordert, auch diese Verpackungen schrittweise durch Recyclingpapier oder durch biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe zu ersetzen.
In der EU werden jährlich rund hundert Milliarden Plastiksackerln verwendet, etwa acht Milliarden davon gelangen durch achtloses Wegwerfen in die Weltmeere. Dort werden sie zu einer Bedrohung für Fische und Vögel, die Teile der Folien verschlingen oder sich in den schwimmenden Plastikinseln verfangen.
Die wenigsten Sackerln werden in Irland verbraucht. Dort wurde bereits eine Gebühr für diese Kunststoffverpackung eingeführt. 44 Cent pro Sackerl werden eingehoben. Seit der Einführung hat sich die Nutzung um 90 Prozent reduziert.
Die EU-Kommission wies in einer Studie zu den Auswirkungen der Regelung darauf hin, dass bei der Einhebung von Gebühren langfristig die Kosten für Verbraucher sinken würden. Dies wird mit der Verwendung von wiederverwendbaren Alternativen argumentiert. Da die dünnen Säcke vor allem aus Drittstaaten importiert würden, dürften sich auch die Auswirkungen für die europäischen Produzenten in engen Grenzen halten. (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2014)