Niederösterreich: Wundersame Wählervermehrung

(c) Michaela Seidler
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Manipulationsvorwürfe vor der Gemeinderatswahl: Eine Bürgerliste in Laa an der Thaya vermutet, dass zahlreiche andere Parteigänger zum Schein angemeldet werden.

Wien/Laa an der Thaya. Wer einen Zweitwohnsitz in Niederösterreich hat, darf bei der Gemeinderatswahl mitmachen – ein Umstand, der schon bei der letzten Wahl für Manipulationsvorwürfe gesorgt hat. Auch vor der kommenden Gemeinderatswahl am 25. Jänner gibt es nun erste Vorwürfe: In Laa an der Thaya sollen SPÖ- und ÖVP-Politiker kurz vor der Wahl zahlreiche Personen bei sich zu Hause angemeldet haben, mit dem Ziel, zusätzliche Wählerschaft zu generieren.

Das vermutet zumindest die Bürgerliste ProLAA, die von „massivem Wahlbetrug“ spricht und das Wählerverzeichnis in 58 Fällen angefochten hat. Die „wundersame Wählervermehrung“ habe bei insgesamt acht SPÖ- und ÖVP-Gemeindemandataren stattgefunden, sagt Bürgerlisten-Spitzenkandidat Thomas Stenitzer. Besonders auffällig sei dabei die SPÖ vorgegangen: Im Haushalt von Vizebürgermeister Reinhart Neumayer würden gleich 19 Personen gemeldet sein, was schon aufgrund der Größe des Hauses unwahrscheinlich sei. Bei einem weiteren SPÖ-Stadtrat sind etliche Funktionäre der Sozialistischen Jugend Niederösterreich gemeldet. Und auch im Volksheim der SPÖ, in dem es gar keine Wohnungen gebe, seien fünf Personen gemeldet.

Aber auch bei der ÖVP ortet die Bürgerliste insgesamt 23 Scheinanmeldungen, vier davon bei Bürgermeisterin Brigitte Ribisch. Ein Umstand, den Bürgerlisten-Fraktionsführerin Isabella Zins besonders problematisch findet: Die Bürgermeisterin genehmige die Scheinanmeldungen selbst und dürfe dann auch über die Einwände gegen das Wählerverzeichnis entscheiden.

Ribisch zeigte sich auf Anfrage der „Presse“ empört über die Vorwürfe. Diese seien eine „infame Unterstellung“. Sie selbst habe keine Scheinanmeldung vorgenommen. Eine der Bewohnerinnen sei sogar schon seit 1996 bei ihr gemeldet. Über die anderen Fälle könne sie schon aus Gründen des Datenschutzes nichts sagen. Die Wahlbehörde werde nun aber entsprechend den gesetzlichen Vorschriften den Vorwürfen nachgehen.

„Wir sind eine große Familie“

SPÖ-Vizebürgermeister Reinhart Neumayer bestätigt, dass 19 Personen bei ihm gemeldet sind. „Wir sind eine große Familie und haben ein großes Haus“, so der Kommunalpolitiker zur „Presse“. Da Laa an der Thaya eine Thermenstadt ist, wolle man der Verwandtschaft und Freunden die Nutzung der Therme ermöglichen und habe sie daher angemeldet. Neumayer: „Dass damit eine Wahlberechtigung verbunden ist, ist ein positiver Nebeneffekt.“

Auch die Ansiedlung etlicher Funktionäre der Sozialistischen Jugend in Laa findet Neumayer nicht ungewöhnlich: „Wir halten intensiven Kontakt im ganzen Land. Dass wir da vor allem mit Sozialdemokraten zusammenkommen, ist nicht außergewöhnlich. Und wir halten es für angenehm, dass die Freunde auch die Therme besuchen können.“

Die Bürgerliste geht eher davon aus, dass SPÖ und ÖVP ihre Mehrheit im Gemeinderat absichern wollen und vermutet, dass es auch in anderen Gemeinden zu einem Wahltourismus von Parteigängern mit mehreren Nebenwohnsitzen kommt. Bei der letzten Wahl hatte es ähnliche Vorwürfe vor allem gegen einzelne ÖVP-dominierte Gemeinden wie Waidhofen an der Ybbs gegeben, die letztlich aber ohne Konsequenzen blieben. Die SPÖ hatte damals noch auf Reformen gepocht: „Der Missbrauch muss abgestellt werden, und zwar im Sinne aller“, hatte der damalige Landtagsklub-Chef Günther Leichtfried gefordert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)

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