Kerry bindet Skeptiker ein, um Chancen zu erhöhen

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Gespräche in Wien. Der Iran drängt auf eine Einigung und warnt vor einer Radikalisierung. Der US-Außenminister setzt auf enge Kontakte zu den Golfstaaten.

Wien. Vor der letzten großen Verhandlungsrunde bei den Atomgesprächen mit dem Iran packten am Sonntag in Wien alle Seiten noch einmal ihr taktisches Werkzeug aus. Aus dem Iran wurden Warnungen vor einem Scheitern der Verhandlungen laut. Eine Verlängerung der Frist für ein endgültiges Abkommen sei am Abend auch Thema gewesen, sagte ein ranghoher US-Diplomat am Sonntagabend. "Wir sprechen untereinander und mit unseren Partnern der 5+1 über viele verschiedene Optionen. Eine Fristverlängerung ist eine dieser Optionen. Und, wenig überraschend, sprechen wir über dies Optionen auch mit den Iranern", erklärte der Diplomat. Kerry und Zarif hatten sich am Sonntagabend erneut getroffen.

„Ein Fehlschlag wird unweigerlich die Radikalen auf beiden Seiten stärken und chaotische und gefährliche Folgen sowohl regional als auch international nach sich ziehen“, sagte Ali Khoram, ein Berater des iranischen Außenministers, Mohammed Javad Zarif. US-Außenminister John Kerry versuchte wiederum, die Skeptiker in der Golfregion einzubinden und damit den Druck auf die iranische Führung zu verstärken.

Am Sonntagnachmittag traf Kerry in Wien mit seinem saudischen Amtskollegen, Saud al-Faisal, zusammen. Zuvor soll er dem Vernehmen nach mit anderen Golfstaaten das weitere Vorgehen abgesprochen haben. Die sunnitisch dominierten Staaten der Golfregion galten bisher als skeptisch gegenüber einer Einigung, haben aber auch ihre Vorbehalte gegenüber dem schiitischen Iran.
Während die USA und ihre westlichen Verbündeten ein Abkommen mit dem Iran zu erreichen hoffen, das Teheran zur Aufgabe von Teilen seines Atomprogramms und zu ständigen Kontrollen von Nuklearanlagen verpflichtet, will die iranische Führung Garantien für eine weitere Nutzung der Kernkraft und eine sofortige Aufhebung aller internationaler Sanktionen. Doch gerade die Sanktionen blieben ein heikler Streitpunkt. Die US-Führung, die unter Druck Israels und der republikanischen Mehrheit im Kongress steht, will dieses Druckmittel nämlich nicht zu rasch aus der Hand geben.

In den Endspurt der mittlerweile sechs Tage dauernden Verhandlungen haben sich alle Vetomächte im UN-Sicherheitsrat eingeschaltet. Der französische Außenminister, Laurent Fabius, sein britischer Amtskollege, Philip Hammond, und Russlands Außenminister, Sergej Lawrow, wollten sich Sonntagnacht in die Verhandlungen zwischen den bereits anwesenden Außenministern der USA und des Iran sowie ihrem deutschen Kollegen, Frank-Walter Steinmeier, einschalten. Am heutigen Montag wird noch der chinesische Außenminister, Wang Yi, im Wiener Palais Coburg erwartet, wo die Gespräche zu einem Abschluss geführt werden sollen.

Abendessen ohne Lawrow

Das iranische Verhandlungsteam ließ unterdessen über die amtliche Nachrichtenagentur Irna dementieren, dass es in wesentlichen Fragen bereits erste Annäherungen gebe. Auch Steinmeier und Fabius betonten am Abend, dass viele Punkte noch offen seien. Weder eine Verlängerung des Interimsabkommens, noch ein Deal wurden bisher finalisiert. Steinmeier sprach sich jedenfalls für eine Verlängerung der Gespräche aus, sollte bis Montag keine Einigung erzielt werden.

Am Sonntagvormittag waren die EU-Vermittlerin Catherine Ashton, Kerry und Zarif erneut zu einer Gesprächsrunde zusammengetroffen. Diplomaten berichteten danach, dass es zumindest Bewegung in den Positionen gegeben habe. Am Abend war ein Abendessen mit dem US-Außenminister und seinen Amtskollegen aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland geplant. Lawrow war nicht eingeladen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)

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