Atomgipfel: Wird die Frist für Deal mit Iran heute verlängert?

ATOMGESPRAeCHE DER UN-VETOMAeCHTE MIT DEM IRAN: TREFFEN WANG YI / KURZ
ATOMGESPRAeCHE DER UN-VETOMAeCHTE MIT DEM IRAN: TREFFEN WANG YI / KURZAUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC
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Bis Mitternacht muss eine Einigung über das weitere Vorgehen erzielt werden. Die Verhandler drücken aufs Tempo. Auch Chinas Außenminister zu Verhandlungen in Wien eingetroffen.

Die Verhandlungen über das umstrittene iranische Atomprogramm gehen an diesem Montag in die möglicherweise entscheidende Runde. In Wien beraten die Außenminister der fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands sowie des Irans über einen Kompromiss in letzter Minute. Die selbstgesetzte Frist für eine Einigung ist um Mitternacht vorbei.

Allerdings verdichteten sich in der Nacht auf Montag die Hinweise, dass der Zeitraum nochmals verlängert werden könnte.

Am Montagvormittag drückten die Verhandler aufs Tempo. Bis Mittag waren acht Meetings angesetzt. Nach bilateralen Gesprächen zwischen dem erst heute ach Wien gereisten chinesischen Außenminister Wang Yi mit dem iranischen Chefverhandler Mohammad Javad Zarif sowie seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow traf sich die Iran-Sonderbeauftragte der EU, Catherine Ashton, die die Gespräche leitet, mit Zarif und besprach mit ihm den Zwischenstand.

Im Anschluss daran sind nun Gespräche zwischen dem US-Außenminister John Kerry und Wang sowie eine Beratung Zarifs mit seinen Stellvertretern, Abbas Araqchi und Majid Takhte-Ravanchi, geplant. Hierbei soll sich das iranische Verhandlungsteam mit der Führung in Teheran rund um den Obersten Geistlichen Führer Ayatollah Seyed Ali Khamenei, der in allen Belangen das letzte Wort hat, eng abstimmen. Auch neuerliche Treffen Kerry-Zarif bzw. Kerry-Lawrow sind geplant.

Im Laufe des Vormittags will Kerry dann noch zuerst in einer großen Runde mit den übrigen Außenministern der 5+1-Gruppe (USA, Großbritannien, Frankreich, China, Russland plus Deutschland) konferieren. Nach diesem entscheidenden Meeting der internationalen Staatengemeinschaft ist schließlich noch eine "Elefantenrunde" mit Zarif geplant.

Inhaltlich wird angesichts der zunehmenden Anzeichen, dass ein endgültiger Deal bis Mitternacht unwahrscheinlich erscheint, laut Diplomatenkreisen über alternative Optionen nachgedacht: Diese könnten entweder eine Verlängerung der Frist oder ein Rahmenabkommen sein.

Der Westen verdächtigt den Iran bereits seit mehr als zehn Jahren, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an einer eigenen Atombombe zu arbeiten. Teheran bestreitet dies seit jeher. Die Iraner bestehen darauf, Atomenergie wie andere Nationen friedlich nutzen zu dürfen. Ihr Ziel ist es, dass die gegen ihr Land verhängten Sanktionen so schnell wie möglich aufgehoben werden.

Hoffnungen gedämpft

Die Hoffnungen auf eine baldige Einigung waren im Lauf des Wochenendes gedämpft worden. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: "Wir sind bei diesem Komplex in vielen Punkten noch auseinander." Zugleich äußerte er sich überzeugt, dass auch der Iran zu einer Einigung bereit sei. Aus verschiedenen Delegationen hieß es, dass auch eine Art Zwischenabkommen denkbar sei, weil man sich über viele Details noch nicht einigen kann.

Auch ein Gespräch zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem iranischen Kollegen Mohammad Javad Zarif brachte keinen Durchbruch. Kerry und Zarif hätten neben anderen Optionen auch über eine mögliche Verlängerung gesprochen, sagte ein ranghoher US-Diplomat am Sonntagabend.

Großes Streitthema ist die iranische Urananreicherung. Ein weiterer Knackpunkt ist der Schwerwasserreaktor Arak in Zentraliran, der nach einer Inbetriebnahme Plutonium produzieren würde, das für den Bau von Atombomben dienen könnte. Deshalb fordert der Westen, den Reaktor zu schließen oder zu einem Leichtwasserreaktor umzubauen.

Steinmeier unterstrich in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" die Bedeutung eines Abkommens. "Würde uns hier eine Vereinbarung gelingen, könnte das in vielen anderen Konflikten im Mittleren Osten - gerade im Umgang mit den Konflikten in Syrien und um Irak - durchaus hilfreich sein." Viele Experten befürchten, dass die Chancen für einen Kompromiss auf absehbare Zeit vertan sind, wenn es jetzt nicht klappt.

Aus iranischer Sicht ist eine Einigung auf ein umfassendes Abkommen zwar schwierig, aber ein Dokument über eine allgemeine Verständigung weiterhin möglich. Diese würde auch wesentliche Knackpunkte wie die Dimension der Urananreicherung, die Zahl der Zentrifugen, die Laufzeit und auch die Frage der Sanktionen umfassen, hieß es aus Delegationskreisen. Details müssten dann noch im Expertenkreis weiterverhandelt werden.

Für die Kontrolle der Vereinbarungen könnte die Atombehörde IAEA (IAEO) zuständig sein. Im Gespräch ist aber auch, dass Experten aus den fünf UN-Vetomächten und Deutschland das übernehmen.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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